Der oberste iranische Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hatte am Dienstag ausländische Kräfte beschuldigt, für die Eskalation der Proteste im Iran verantwortlich zu sein. "Die Feinde des Irans haben in den letzten Tagen den Unruhestiftern Geld und Waffen sowie politische Unterstützung zur Verfügung gestellt, um dem Iran zu schaden", sagte Chamenei in einer ersten Reaktion auf die Proteste, bei denen seit Donnerstag mindestens 21 Menschen getötet wurden.
Die UN-Botschafterin der USA wies die Vorwürfe der Steuerung durch das Ausland zurück. "Wir alle wissen, dass das kompletter Unsinn ist", sagte Nikki Haley. "Die Demonstrationen sind vollkommen spontan. Sie finden praktisch in jeder iranischen Stadt statt." Es zeige sich, dass ein "lange unterdrücktes Volk sich gegen seine Diktatoren erhebt". Die USA strebten Krisensitzungen der Vereinten Nationen in New York und des UN-Menschenrechtsrats in Genf an. "Wir dürfen nicht stumm sein. Die Bevölkerung des Iran schreit nach Freiheit."
"Tapfere iranische Bürger"
Allein in der Hauptstadt Teheran wurden laut der iranischen Nachrichtenagentur Ilna in den vergangenen drei Tagen 450 Demonstranten festgenommen. Landesweit sollen es mehr als 1000 sein.
Die USA erneuerten ihre Kritik an der Führung des Irans. Die internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn Demonstranten mit Gewalt begegnet werde, sagte die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Sanders. Bei den Protesten handele es sich um einen "organischen Volksaufstand, organisiert von tapferen iranischen Bürgern". Sanders vermied eine klare Antwort auf die Nachfrage, ob das Weiße Haus einen Regimewechsel in Teheran anstrebe. Der Iran müsse aufhören, Terrorismus staatlich zu unterstützen.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief angesichts der Protestwelle alle Seiten zum Gewaltverzicht auf. Sie beklagte eine "Zunahme der Gewalt" und einen "inakzeptablen Verlust von Menschenleben" in dem Land. "Friedliche Demonstrationen und die Meinungsfreiheit sind Grundrechte, die in allen Ländern gelten müssen, und der Iran ist keine Ausnahme", erklärte Mogherini im Namen der EU.
Im Iran finden seit Tagen Demonstrationen gegen die Führung des Landes und den islamischen Klerus statt. Obwohl die iranischen Behörden behaupten, dass es zuletzt landesweit weniger regimekritische Proteste gegeben habe, berichteten soziale Netzwerke am Dienstagabend von erneuten Unruhen. In der Hauptstadt Teheran und anderen Städten gingen demnach wieder Menschen auf die Straßen, um gegen das islamische System zu protestieren.
Die Proteste hatten am vergangenen Donnerstag in Maschad im Nordosten des Landes begonnen. Sie hatten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung gerichtet, wurden aber zunehmend systemkritisch. Anders als Ajatollah Chamenei hatte Präsident Ruhani am Montag bei einer Krisensitzung im Parlament gesagt, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. "Die Probleme der Menschen sind auch nicht nur wirtschaftlicher Natur, sie fordern auch mehr Freiheiten." Er kritisierte damit indirekt die Hardliner im Klerus, die seine Reformen blockieren.
Quelle: n-tv.de , bdk/dpa/rts
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