Beide Länder sollten sich "auf Augenhöhe, als gleichwertige Partner" begegnen, schrieb Cavusoglu. "Megafon-Diplomatie" sei fehl am Platz; vielmehr müsse "gegenüber der anderen Seite eine empathischere Sprache" entwickelt werden. Das "Trauma, das der Putschversuch vom 15. Juli 2016 in unserer Bevölkerung hervorgerufen" habe, sei in Deutschland "nicht vollkommen nachvollzogen" worden, schrieb Cavusoglu weiter. Die Türkei erwarte von den Deutschen, dass sie "die Situation, mit der die Türkei gegenwärtig konfrontiert ist, besser verstehen".
Als größte Erwartung an Deutschland nannte Cavusoglu, dass es eine "entschlossene Haltung" bei der Unterbindung der Aktivitäten der Gülen-Bewegung und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zeige. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch im Juli 2016 in der Türkei verantwortlich.
Kommt Bewegung in den Fall Yücel?
Gründe für die Anspannungen zwischen Berlin und Ankara gibt es viele. Ein großer Streitpunkt ist die Verhaftung mehrerer Deutscher in der Türkei. Cavusoglu sagte, er wisse, dass "die Fälle einzelner Inhaftierter in der Türkei in der deutschen Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt" würden. Als "ein Gebot der Rechtstaatlichkeit" müsse man jedoch auf die unabhängige Justiz vertrauen. "Wir unternehmen aber alles, was politisch in unserer Macht steht, um juristische Verfahren zu beschleunigen." Der Minister nannte keine konkreten Fälle. Unter anderem befindet sich der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel seit fast einem Jahr in Haft. Erdogan wirft dem "Welt"-Korrespondenten Terrorpropaganda vor, was Yücel abstreitet.
Die deutsch-türkischen Beziehungen waren seit der Böhmermann-Affäre im März 2016, der Armenien-Resolution des Bundestages im Juni 2016 sowie der Verhaftungswelle in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 in eine schwere Krise geraten. Als vor dem türkischen Verfassungsreferendum im April 2017 Auftrittsverbote für türkische Politiker in Deutschland verhängt worden waren, warf Erdogan Bundeskanzlerin Angela Merkel "Nazi-Methoden" vor.
Cavusoglu stellte in dem Gastbeitrag auch eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit in Aussicht. Er schrieb, eine politische Verständigung werde hier "neue Horizonte" eröffnen. Vor allem bei den erneuerbaren Energien gebe es "beträchtliche Möglichkeiten".
Zudem unterstrich er, dass sein Land am Ziel einer Aufnahme in die EU festhalte. "Es liegt im Interesse aller, dass der Stillstand in unserem EU-Beitrittsprozess überwunden wird." Mit Blick auf das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union betonte Cavusoglu, dass sein Land alle Zusagen eingehalten habe. Er bekräftigt daher die Forderung, dass die EU insbesondere bei der Visa-Liberalisierung ihre Verpflichtungen erfülle.
Quelle: n-tv.de
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