Das liegt nicht nur an den inhaltlichen Versprechen der von Lindner runderneuerten Liberalen. Es liegt auch an seinem Aussehen. Das legt eine Studie nahe, die ein Team um den Düsseldorfer Soziologen Ulrich Rosar jetzt vorgelegt hat.
Seit 2002 untersucht der Dekan der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität den Zusammenhang zwischen physischer Attraktivität und Wahlerfolg. Das Ergebnis: Der schöne Schein wird für die Wähler immer wichtiger. Der Zusammenhang zwischen einem ansprechenden Äußeren und Wählerstimmen ist signifikant und „sehr substanziell“ – sowohl mit Blick auf die Erststimme als auch auf die Zweitstimme.
Für die Studie hatte Rosars Team bundesweit alle Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatinnen der Landeslisten sowie sämtliche Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien untersucht, insgesamt also 1786 Politiker. Sie wurden von einer Jury aus zwölf Männern und zwölf Frauen auf einer Attraktivitätsskala von null (unattraktiv) bis sechs (sehr attraktiv) bewertet.
Das verblüffende Ergebnis: Die physische Attraktivität erwies sich in der Studie als zweitwichtigstes Entscheidungskriterium überhaupt. Nur die individuelle Bekanntheit der einzelnen Kandidaten war noch wichtiger als ihr Aussehen. Dass die Jury mit 24 studentischen Teilnehmern relativ klein war, spiele dabei keine Rolle, sagt Co-Autorin Sabrina Schöttle. „Es gibt einen Konsens über Attraktivität, der dafür sorgt, dass auch schon vergleichsweise kleine Gruppen zu repräsentativen Ergebnissen kommen.“
Ästhetische Bewertung mit ethischer und intellektueller vermengt
Betrachtet man nur die Spitzenkandidaten, hat Christian Lindner mit 3,43 Punkten bei den Männern die Nase vorn, bei den Frauen führt Linke-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht mit 4,08 Punkten. Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel erreichte 3,25 Punkte, es folgen die Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckhard (2,58) und Cem Özdemir (2,13) sowie SPD-Chef Martin Schulz (1,67).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erreichte lediglich 1,04 Punkte. Ihre Beliebtheit speist sich also offenbar eher aus inneren denn aus äußeren Werten – obwohl auch sie sich mit dem Einzug ins Kanzleramt in die Hände einer Visagistin begeben hat. Das Schlusslicht bildet AfD-Frontmann Alexander Gauland mit 0,54 Punkten.
Grundsätzlich lasse sich seit Jahrzehnten eine Entwicklung hin zu einer stärkeren Bedeutung der Persönlichkeit des politischen Personals beobachten, sagt Soziologe Rosar. Dazu gehörten auch das äußere Erscheinungsbild und die physische Attraktivität.
welt.de
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