Die Schweinebacke ist zurück

  20 Januar 2018    Gelesen: 1048
Die Schweinebacke ist zurück
Wer eine fiese Schweinebacke ist, weiß dank Bruce Willis ja wohl jeder. An Vierbeiner und ans Essen denkt da keiner. Was aber ist ein leckeres Schweinebäckchen? Das wissen nur Kenner: So eine Backe ist was verdammt Gutes!
Ich wette, bei "Schweinebacke" denken Sie zuerst an Bruce Willis berühmtes "Yippie-ya-yeah, Schweinebacke!" Dabei hat er’s gar nicht so gesagt, nix mit pork oder cheek oder so. Sein "Yippie Kay Yay, Motherf...!" ist für unsereins vermutlich nicht ganz "PC", ist aber zum Glück witzig übersetzt worden. Und so sind auch hierzulande alle "Stirb langsam"-Folgen ohne den coolen Spruch undenkbar. Nicht nur das Schwein, sondern alle möglichen Tierarten müssen herhalten, wenn wir sprachliche Vergleiche brauchen - beim Fluchen und Schimpfen, beim Bedauern oder Beleidigen und auch beim Schmusen. Da spannt sich der Bogen weit. In deutschen Schlafzimmern ist von Spatz bis Hengst alles vorhanden. Am meisten wird jedoch mit Hase, Bär und Maus gemenschelt. Bei weniger schmeichelhaften Vergleichen müssen dann andere Tierarten herhalten, angefangen von Affe bis Ziege.

Aber aufgepasst: Zwischen einem blöden Schwein und einem armen Schwein gibt es einen fundamentalen Unterschied. Das "blöde Schwein" kann sogar ziemlich teuer werden, falls es sich wehrt und klagt; abhängig von den Tatumständen und der Laune des Richters können’s schon mal 500 Euro werden. Eine "alte Sau" geht richtig ins Geld, da musste jemand laut Gerichtsurteilen schon 2500 Euro berappen. Etwas billiger wird "Bullenschwein", ist aber auch nicht zu empfehlen. Dabei hat weder das brave Hausschwein einen fiesen Charakter, noch sind Gänse dumm oder Ziegen zickig. Und noch eins: Wir vergessen alle Schimpftiraden, liegen Schwein, Gans oder Ziege köstlich zubereitet auf dem Teller. Und ist das nicht viel angenehmer?

Wenden wir uns also den guten Eigenschaften eines Schweins zu. Es liefert uns Fleisch, Fett und Rohhaut. Ohne Schwein kein Kotelett, keine Haxe, kein Griebenschmalz und kein Schweinsleder. Bockwurst, Salami und Schinken – ohne unsere Hausschweine undenkbar. Bei aller Liebe fürs Fleisch: Der Verzehr sinkt langsam, und das ist auch gut so; gut nämlich für Gesundheit und Klimabilanz. 60 Kilo Fleisch isst jeder Deutsche laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung pro Jahr (2016), das sind 8 Kilo weniger als 1996. Immer noch zu viel, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Sie empfiehlt die Hälfte – also pro Kopf maximal 30 Kilogramm Fleisch pro Jahr.

Weniger Fleisch, aber besseres

Nicht nur die Unterschiede zwischen einem fiesen und einem armen Schwein sind gravierend, sondern auch die zwischen einem Schwein aus einer Massentierhaltung und einem, das in freier Natur herumbuddeln kann. Wer einmal den Geschmacksunterschied erlebt hat, wird beim Weideschwein bleiben und wegen des höheren Preises lieber weniger Fleisch, dafür aber besseres essen wollen – und tut sich Gutes und dem Tierwohl. In gut sortierten Supermärkten sind sie zu bekommen, das Bunte Bentheimer, das Angler Sattelschwein und das Schwäbisch-Hällische Landschwein, das Iberico- und das Duroc-Schwein. Für viele Schweinefleischliebhaber besteht so ein Tier sehr oft nur aus Schnitzel und Kotelett, Lende und Filet, Schinken und Eisbein. Leider! Und leider hat sich auch der Handel darauf eingestellt, denn um Backe, Schnauze und Ohr, Schwanz und Füße (Spitzbein) zu bekommen, sind geradezu Verrenkungen nötig. In ländlichen Gegenden mag das noch anders sein, aber in Großstädten ist das wirklich schwierig. Dabei machen Schnauze und Ohr die berühmten Berliner Löffelerbsen erst richtig perfekt und schmackhaft. Und werden Spitzbeine bei einer Eisbeinsülze mitgekocht, geliert die Masse von alleine.

Auch die Schweinebacke gehört nicht zu den bekanntesten Teilen vom Schwein. Die Backe ist ein Teilstück vom Schweinskopf und kam früher an Schlachttagen als Bestandteil der Schlachteplatte mit Bauch und Würsten auf den Tisch. Heutzutage gelangt der Großteil der Schweinebacken in die Wurstherstellung – wie schade! In Italien, besonders im Latium und in Umbrien, stellt man aus den Schweinebacken einen besonders aromatischen Speck her, den Guanciale. Geschmorte Bäckchen sind ein Genuss. Nur werden Backen als Rohware sehr selten angeboten. Doch wenn etwas gut schmeckt (noch dazu rar ist), sind Gourmets als "Entdecker" nicht weit. Deshalb erleben geschmorte Bäckchen seit einiger Zeit in der Sterneküche geradezu ein Revival. Vor allem Ochsenbäckchen und da besonders Kalbsbäckchen als feinere Alternative sind bei Feinschmeckern gefragt. Schweinebäckchen sind eine preiswerte Option und nicht weniger lecker.

Die Bäckchen, die wir schmoren wollen, sind natürlich von Schwarte und Speckschicht befreit, geschmort wird nur das reine Muskelfleisch. Das geputzte Bäckchen ist dann nur noch so groß wie eine Kiwi. Die Zubereitung ist überhaupt nicht schwierig, die Garzeit allerdings lange, weil die Backe ein stark beanspruchter Kaumuskel ist. Aber wenn der Topf im Ofen ist, kann man ja etwas anderes tun; zum Beispiel Rezepte lesen. Ein Schweinebäckchen hat langfaseriges Fleisch und ist mit viel Bindegewebe durchzogen. Wegen dieser Beschaffenheit ist die Backe zum Kurzbraten nicht geeignet. Durch den Fett- und Bindegewebsanteil bleibt das Fleisch auch bei der nötigen langen Garzeit sehr saftig und zart. Die ideale Portionsgröße ist knapp handtellergroß bei etwa 100 Gramm, so dass man pro Person zwei Schweinebäckchen braucht. Die Schmorzeit beträgt 3 bis 4 Stunden, je nach Alter des Tieres. Das lässt sich an Größe und Gewicht ablesen; bei 200 Gramm pro Backe war das Tier älter und dementsprechend lange dürfte die Garzeit sein. Ich habe kürzlich ein Päckchen Duroc-Schweinebacke ergattert. Es wog 685 Gramm und beinhaltete 7 kleine Bäckchen, die nach 3 Stunden im Herd außerordentlich zart und saftig waren. Die lange Schmorzeit hat auch was Gutes: Geschmorte Bäckchen kann man getrost ein bis zwei Tage vorher zubereiten und dann einfach aufwärmen, dann hat man mehr Zeit für die Familie oder die Gäste.

Geschmorte Schweinebäckchen

Zubereitung:

Das Gemüse putzen und in grobe Stücke schneiden. Die Schweinebäckchen parieren, d.h. die Silberhaut und evtl. noch anhängendes Fett entfernen, möglichst ohne ins Fleisch hineinzuschneiden. Kräftig salzen und pfeffern. In einem Schmortopf (am besten Gusseisen) etwas Öl erhitzen und die Bäckchen von allen Seiten bräunen. Dann die Gemüsestücke zugeben und mitrösten. Mit Rotwein ablöschen und mit dem Fond auffüllen. Die Bäckchen sollen knapp bedeckt sein.

Im vorgeheizten Ofen zugedeckt bei 150-180 Grad langsam schmoren lassen. Das dauert je nach Alter des Tieres 3 oder auch mehr Stunden. In dieser Zeit die Bäckchen ab und zu wenden und Rotwein nachgießen. Die Bäckchen sind gar, wenn sie butterweich sind und sich mit einem Löffel teilen lassen.

Das Fleisch aus dem Topf nehmen und warm halten. Den Bratenfond durch ein Sieb geben und das Gemüse dabei ausdrücken. Den Fond mit dem passierten Gemüse bei starker Hitze reduzieren. Mit 1 EL Weinbrand verfeinern und mit kalter Butter montieren, damit die Soße eine leichte Bindung hat.

Dazu schmecken am besten Semmelknödel, Kartoffelpüree oder auch Spätzle sowie Rahmwirsing, Möhrchen, Rosen- oder Spitzkohl.

Tipps:
- Statt Rotwein Schwarzbier verwenden.
- 1 EL Tomatenmark mitrösten.
- Mit Paprika statt Pfeffer würzen.

Viel Erfolg auf der Suche nach den Bäckchen wünscht Ihnen Heidi Driesner.

Quelle: n-tv.de

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