„Die Bundesregierung wird ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ Dieser nüchterne Satz mit weitreichenden Folgen steht im Abschlussdokument der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD im Kapitel „Außen, Entwicklung, Bundeswehr“, Unterpunkt „IV. Rüstungsexporte“. Das betrifft vor allem Saudi-Arabien, einen der Hauptakteure in diesem Krieg. Dadurch betrifft es aber auch die „Peene-Werft“ in Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern. Saudi-Arabien hat dort 35 sogenannte Patrouillenboote in Auftrag gegeben. Zusammen mit einem fünfjährigen Servicepaket hat der Auftrag ein Volumen von über einer Milliarde Euro.
Sechs Boote sind bereits 2016 ausgeliefert worden. 2017 folgten weitere acht. Für mindestens weitere drei Jahre werden durch diesen Auftrag in der strukturschwachen Region mehrere hundert Arbeitsplätze gesichert. Eine vertrackte Situation. Wieder müssen ethische Grundsätze deutscher Politik gegen ökonomische und sozioökonomische Grundsätze abgewogen werden. Hinzu kommt, dass die AfD in Wolgast bei der letzten Bundestagswahl 2017 mit 31,3% stärkste Kraft geworden ist. Nicht zuletzt wegen tiefsitzenden Frustes über Perspektivlosigkeit und ein Gefühl des stetigen ökonomischen Niedergangs.
Schwerin will Auftrag im vollen Umfang erfüllen
Die Schweriner Landesregierung ist in einer schwierigen Lage und möchte nicht mehr als nötig sagen. Der Sprecher des zuständigen Wirtschaftsministeriums verweist auf Nachfrage von Sputnik auf die Rede von Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU)während einer Aktuellen Stunde im Schweriner Landtag am Mittwoch. Dort hatte er die Entschlossenheit der Landesregierung bekundet, den Auftrag in vollem Umfang zu erfüllen.
Glawe weiß, dass er nicht zaubern und sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen kann. Er erklärte kurz und bündig:
„Unter den verhängten Exportstopp fallen auch die für Saudi-Arabien bestimmten Patrouillenboote.“
Der Sprecher der geschäftsführenden Bundesregierung Steffen Seibert hatte zuletzt in der Regierungspressekonferenz am 19. Januar 2018 ausdrücklich bekräftigt:
„Für die geschäftsführende Bundesregierung ist das bindend, was die Mitglieder beziehungsweise die Ministerien der geschäftsführenden Bundesregierung miteinander vereinbaren.“
Deshalb betonte Glawe im Landtag auch, dass wenn die derzeit gebauten Schiffe tatsächlich nicht mehr ausgeführt werden dürfen, für die Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung am Standort Wolgast kurzfristig neue Aufträge nötig seien: „Die fallen nicht vom Himmel“.
Schwerin bestreitet Charakter der Lieferung als Kriegsschiffe und fordert „doppelten Vertrauensschutz“
Glawe betonte, dass er im Auftrag von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) agiere. Die ließ sich allerdings in der Debatte durch den Parlamentarischen Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) vertreten. Und der widersprach vehement der Darstellung, wonach es sich bei den Wolgaster Booten um Kriegsschiffe handele. Er forderte vom Bund einen „doppelten Vertrauensschutz.“ Die Peene-Werft müsse die Schiffe abliefern können. Es müsse sichergestellt sein, dass sie auch nur zu ihrem vertragsgetreuen Zweck eingesetzt werden. Wie das allerdings bewerkstelligt werden soll, ist vielen Beobachtern ein Rätsel. Bereits die Linkspartei hat im Schweriner Landtag in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass Saudi-Arabien die ausgelieferten Boote für eine Hungerblockade vor Jemen einsetzt, wie es der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion Peter Ritter ausdrückte.
sputniknews.com
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