Volvo scheint auch mit dem XC40, dem ganz kleinen Bruder des XC90, alles richtig gemacht zu haben. Bereits vor dem Markstart sind mehr als 20.000 Bestellungen für das Kompakt-SUV der Schweden eingegangen. Optisch lehnt sich auch der nur 4,43 Meter lange Kraxler an die großen Brüder an und hofft natürlich als Thors Hämmerchen dem Bestseller XC60 ebenbürtig zu werden. Wie die größeren Modelle zieren ihn an der Front der Kühlergrill mit "Wasserfall-Motiv", die Scheinwerfer mit der "Thors Hammer"-LED-Grafik sowie am Heck die vertikalen Rückleuchten. Um den jugendlichen Charakter des kleinen Gott des Donners zu betonen, darf der Kunde ihm auf Wunsch ein farblich abgesetztes Dach verpassen. Das ist in dieser Klasse nicht mehr neu, sondern gehört inzwischen zum guten Ton der Individualisierungen.
Und weil Individualität wichtig ist, haben die Designer diesen wichtigen Punkt auch in den Innenraum übertragen. Verspielter als die Brüder, gibt sich der XC40 an dieser Stelle gleichsam sehr praktisch. Neben einer Vielzahl von Staufächern, dem Parkzettelhalter an der Windschutzscheibe - den man seit Jahren vom Skoda Octavia kennt - oder einem speziellen Smartphonefach für induktives Laden wirkt alles sehr aufgeräumt, ohne dabei langweilig zu sein. Zudem gibt es einen Mülleimer in der Mittelkonsole. Auch in den Türinnenfächern ist erstaunlich viel Platz. Nicht nur, dass sich dort große Wasserflaschen problemlos verstauen lassen. auch ein 17 Zoll großer Laptop verschwindet dort ohne Probleme. Gelungen ist das, weil Volvo die dort sonst platzierten Lautsprecher durch einen unterhalb der Windschutzscheibe verbauten Subwoofer ersetzt hat.
Zweite Reihe eher für Kinder
Und da wir gerade über Platz reden, setzen wir uns einfach mal in die zweite Reihe. Auch hier muss mit dem vorhandenen Raum nicht gehadert werden. Der Abstand zu den Vordersitzen ist reichlich und auch die Kopffreiheit geht absolut in Ordnung. Allerdings ist der Trick, mit dem das gelingt, nicht ohne Tücke. Die Fläche der Sitzbank wurde nämlich sehr kurz und sehr tief ins Fahrzeug gebracht. Das führt zu einem - wenigstens für Erwachsene - auf Dauer unangenehmen Anstellwinkel der Knie. Der ist sogar so steil, dass die Oberschenkel nicht aufliegen können. Für Kinder dürfte das kein Problem sein, schon gar nicht, wenn sie auf denen für sie vorgesehenen Sitzen oder Sitzkissen in den Fond gebracht werden: Für Erwachsene wird es spätestens über längere Strecken zur Tortur.
Mit den kleinen Geistern sollte sich hingegen problemlos eine Urlaubsreise im XC40 hinbekommen lassen. Schließlich befindet sich hinter der optional elektrisch öffnenden Heckklappe ein Gepäckabteil mit 460 Liter Stauraum. Wer mehr Platz braucht, legt die Rücklehnen um und kann 1336 Liter in den kleinen Schweden schieben. Wenn die Hütte voll ist, dann soll sie natürlich auch standesgemäß angeschoben werden. Volvo bietet zum Marktstart ausschließlich die zwei potentesten Triebwerke aus seiner Vierzylinder-Baureihe an. Im T5 werkelt der 247 PS starke Benziner, bei dem erstmals ein Partikelfilter zum Einsatz kommt. Das maximale Drehmoment von 350 Newtonmetern verteilt ein Automatikgetriebe ohne größeres Zögern über acht Stufen an alle vier Räder.
Abstriche beim Sitzkomfort?
Auch der Ampelstart geht mühelos vonstatten. In 6,5 Sekunden ist man auf Tempo 100. Verweilt der rechte Fuß mit Nachdruck auf dem Pin, ist das Ende der Fahnenstange mit 231 km/h erreicht. Das jedenfalls verspricht das Datenblatt. Das sind ordentliche Werte, die sich nicht verstecken müssen. Für Spursicherheit sorgen eine präzise und gefühlvolle Lenkung sowie eine klassische McPherson-Radaufhängung an der Vorderachse. Das Heck wird durch eine neue Vierlenker-Hinterachse in Schach gehalten. Zudem können die Fahreigenschaften über vier Fahrmodi nach den Vorlieben des Fahrers beeinflusst werden. Wie üblich gibt es Comfort, Eco und Dynamic für die Straße. Ein Offroad-Programm sorgt für den erhabenen Gang über mäßig grobes Geläuf. Wem das alles nicht passt, der kann sich im Modus Individual selbst die für ihn pässlichen Parameter zusammenstricken.
Freunden der dynamischen Gangart sei aber mit Nachdruck das Sportfahrwerk ans Herz gelegt. Das verhindert zwar nicht das sanfte Überrutschen der Seitenwangen der Sitze, sorgt aber bei gleichbleibender Bodenfreiheit für deutlich mehr Stabilität in der Kehre. Allerdings reicht es auch die Gemeinheiten der Straße energischer an die Insassen weiter. Das merken auch Fahrer und Beifahrer in ihren Polstern. Anders, als man es von den großen Brüdern gewohnt ist, haben die Schweden die Sitze im XC40 deutlich straffer gemacht. Das ist nicht schlimm, auch nicht unbequem, nur ungewohnt. Vor allem für Menschen, die den Sitzkomfort der Marke über alles stellen.
Ein Diesel für die Zukunft
Doch kommen wir noch mal auf die Dynamik zurück: Der große Benziner ist kein Kostverächter. Ohne größere Leistungsanforderung lag der Verbrauch beim ersten Ausritt im Schnitt bei 9,4 Litern. Das entspricht fast exakt dem Datenblattwert für den Stadtverkehr. Beim Testlauf handelte es sich aber vorzugsweise um den Marsch über Landstraßen, allerdings recht bergige. Wer also die 7,2 Liter im Drittelmix erreichen will, der muss schon mit einem sehr geschmeidigen Gasfuß unterwegs sein oder er entscheidet sich für den Diesel in Form des D4.
Der leistet immerhin noch 190 PS und drückt ordentliche 400 Newtonmeter maximales Drehmoment auf alle vier Räder. Der Selbstzünder erfüllt die Euro-6d-TEMP-Norm und ist damit auch zukunftssicher. Auf dem ersten Auslauf standen dann beim Diesel auch nur 7,4 Liter auf der Uhr. Klar auch der kann sportlich über den Asphalt bewegt werden, dann geht es auch hier locker über die neun Liter.
Für Vielfahrer dürfte der D4 aber nicht nur mit Blick auf den Verbrauch die bessere Wahl sein, denn er gibt sich bei der Gasannahme nicht so ruppig, zieht eher harmonisch aus dem Drehzahlkeller und beschleunigt aus dem Stand nur 1,4 Sekunden langsamer auf Landstraßentempo. Auch die Endgeschwindigkeit von 210 km/h dürfte angesichts der vollen Autobahnen absolut ausreichend sein. Auch preislich lässt sich mit dem XC40 D4 sparen. In der Ausstattungslinie Momentum steigt der Käufer hier bei 44.800 Euro ein, während Volvo für den D5 46.100 Euro haben möchte.
Nun wird sich der Volvo-Fan fragen, wo denn die anderen Motorisierungen geblieben sind. Die wird es natürlich auch geben. Ab April sollen der T3, T4 und D3 nachgereicht werden. Wobei es sich beim Einstiegsmodell des T3 um einen Dreizylinder mit 156 PS, Frontantrieb und einer manuellen Sechsgangschaltung handeln wird, der mit 35.100 Euro einsteigt. In diesem Preis ist nicht das ganze Heer der Helferlein für die aktive und passive Sicherheit enthalten. Volvo wäre aber nicht Volvo, wenn man nicht bereits in die Grundausstattung einiges hineingepackt hätte.
Viele Helferlein in Serie
Zur Serienausstattung gehört zum Beispiel das sogenannte "Oncoming Lane Mitigation". Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich nichts weniger als ein Sicherheitssystem, das bei drohenden Zusammenstößen mit entgegenkommenden Fahrzeugen eingreift und das Fahrzeug aus der Gefahrenzone lenkt. Wie das passiert, wird deutlich, wenn man den adaptiven Spurhalteassistenten benutzt: mit offensivem Nachdruck und, wenn nötig, Bremseingriff. Auch das gehört zur Serienausstattung bei jedem XC40 wie die "Run-off Road Protection", die bei einem Abkommen von der Fahrbahn vorbeugende Schutzmaßnahmen ergreift, um die Insassen vor Verletzungen zu schützen. Und last but not least gibt es eine City-Notbremsfunktion, die erstmals in dieser Fahrzeugklasse auch Kollisionen beim Linksabbiegen an Kreuzungen verhindern soll. Und noch etwas ist neu: Der Querverkehrwarner bremst bei Missachtung des Verkehrs automatisch.
Außer dem adaptiven Spurhalte- und Lenkassistenten, die vom Lenkrad bedient werden können, verstecken sich die Elemente zur Steuerung im Menü des 9 Zoll großen Bildschirms in der Mittelkonsole. Bei der Bedienung ist das etwas gewöhnungsbedürftig. Wer aber mit Smartphone und Tablet umgehen kann, der sollte auch hier keine schwerwiegenden Probleme haben. Insgesamt ist der XC40 ein gelungenes SUV, das preislich am oberen Ende ansetzt, aber dafür auch einiges zu bieten hat. Ein Vergleich mit der Konkurrenz um Audi Q2, BMW X1 oder Mercedes GLA könnte sich lohnen.
Quelle: n-tv.de
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