Sowjetpanzer: Russische Waffen, auf die die Nato nicht verzichten kann

  07 Februar 2018    Gelesen: 1632
Sowjetpanzer: Russische Waffen, auf die die Nato nicht verzichten kann
Das polnische Militär bekommt neue Waffen. Warschau hat mit Washington eine Preissenkung für die Flugabwehrraketen-Systeme „Patriot“ vereinbart. Dies teilt der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak mit. Trotz des großen Rabatts kann sich der Deal auf 4,5 Milliarden US-Dollar belaufen. Das ist ein Rekord für Osteuropa.

Dennoch sind viele Mitgliedsstaaten der Nordatlantischen Allianz immer noch auf das militärische Erbe des sozialistischen Lagers angewiesen. Über sowjetische Militärtechnik an den östlichen Grenzen der Nato lesen Sie weiter im Sputnik-Artikel.

Altbewährtes und Haltbares
Die Warschauer Pakt löste sich vor 27 Jahren auf. Doch der Panzerpark Tschechiens, der Slowakei, Ungarns, Rumäniens, Bulgariens und der ehemaligen Republiken Jugoslawiens ist bis heute mit sowjetischen Т-55 und Т-72 oder ihren lokalen Varianten bestückt. Nato-Fahrzeuge hat nur Polen – in den 2000er-Jahren erhielt Warschau von Deutschland mehr als 230 gebrauchte „Leopard“-Panzer. Die Polen haben auch ihren eigenen Stolz – 232 Panzer des Typs PT-91 Twardy.

„Polen sagt, dass es seine Panzer herstellt, aber alle wissen genau, dass Twardy der sowjetische Т-72 ist, den sie zuvor in Lizenz bauten“, sagte der Direktor des Zentrums für strategische Konjunktur, Iwan Konowalow. „Der Т-72 hat sich in vielen bewaffneten Konflikten gut bewährt, und die Polen wollen darauf nicht verzichten“.

Das Sowjetische dominiert auch in der Artillerie der Armeen der Länder des ehemaligen Warschauer Vertrags. Im schweren Segment überwiegen die Selbstfahrlafetten 2С1 „Gwosdika“, 2С3 „Akazie“, die Haubitze „D-20“, die Geschosswerfer RSSO BM-21 „Grad“ und ihre hausgemachten Upgrades. Mit dem größten sowjetischen „Raketenkaliber“ kann aber Bulgarien angeben: In seinen Arsenalen gibt es mehrere Startrampen für operativ-taktische Raketen „Punkt“. Im Dienst der osteuropäischen Länder stehen weiter Hunderte sowjetischer Schützenpanzer und Panzerspähwagen.

„Osa“-Komplexe mit deutschen Raketen
Das Abwehrsystem Osteuropas besteht fast komplett aus russischen Komplexen. Vor allem sind das S-125 und S-200. Die neuesten Systeme haben Bulgarien und die Slowakei, die den Flugabwehrraketen-Komplex S-300 PMU noch nach Auflösung des Warschauer Vertrags von der Sowjetunion durch den Artillerieverband erhalten konnten. Nur Rumänien verfügt bis dato über viele Fla-Raketenkomplexe aus US-Produktion: Im Dienst der rumänischen Luftwaffe stehen acht veraltende Abwehrsysteme mit Mittelstreckenraketen des Typs MIM-23 Hawk. Übrigens: Die Einsatzbereitschaft der sowjetischen Abwehrsysteme ruft bei Experten große Zweifel hervor.

„Was die Abwehrsysteme des Landes angeht, gab es in Osteuropa zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs des Warschauer Vertrags keine modernen Komplexe, und das, was übrigblieb, wird jetzt aufbewahrt“, sagt der Chefredakteur der Zeitschrift „Arsenal des Vaterlandes“, Viktor Murachowski. „Irgendwo im Kampfdienst stehen S-125 und S-200, aber das sind separate Komplexe, und sie stellen kein System dar. Derzeit, wenn wir Richtung Osten und Südosten Europas schauen, verfügt lediglich Griechenland in großer Anzahl über Komplexe aus sowjetischer Produktion, das sind unter anderem die S-300 und ‚Buk‘.“

Die truppeneigenen Flugabwehrsysteme an der östlichen Nato-Flanke haben sich besser eingefügt. Es handelt sich um die Komplexe 9K33 „Osa-AK“, 2К12 „Kub“, die Flugabwehr-Selbstfahrlafette ZSU-23-4 „Schilka“, das Kurzstrecken-Flugabwehrsystem ZRK „Strela-10“, die Flugabwehrkanonen SU-23 und das schultergestützte Boden-Luft-Flugabwehrraketensystem „Strela“ in jeweils verschiedenen Modifikationen. Allem Anschein nach will Osteuropa auf die meisten von ihnen nicht verzichten. 2010 begann Polen die Modernisierung von „Schilka“ bis zur Version ZSU-23-4MP Biała. Der Komplex „Osa“ wird für die deutschen Luft-Luft-Lenkflugkörper Iris-T umgebaut. Tschechien motzte mehrere im Dienst stehende Flugabwehrraketensysteme „Kub“ für die italienischen Flugabwehrraketen Aspidе 2000 auf.

Nicht sehr gut steht es auch um die Flotte der Luftstreitkräfte. Die sowjetischen Veteranen MiG-29, Su-22 und MiG-21 haben ihre Ressourcen fast ausgeschöpft. Allmählich werden sie durch Nato-Technik ersetzt – allerdings weitenteils durch Gebrauchtgüter. Unter den gebrauchten Jagdflugzeugen ist bei den Osteuropäern die amerikanische F-16 beliebt. Diese Maschinen haben Polen und Rumänien. Auch Bulgarien erwog den Kauf. Komplett frei von sowjetischen Kampfflugzeugen ist jedoch nur Ungarn, nachdem Budapest 12 schwedische Saab JAS 39 Gripen geleast hat.

Geschäfte mit sowjetischem Eisen
„Das Bedürfnis zwingt dazu – deshalb nutzt Osteuropa weiterhin sowjetische Technik“, sagt der stellvertretende Direktor des Institutes für politische und militärische Analyse, Alexander Chramtschichin. „In der Nato hat dieses Problem wenige interessiert, und die Frage wurde so gelöst: ‚Wenn ihr Geld habt – kauft etwas Westliches, wenn nicht – sitzt weiter auf dem Sowjetischen.‘ Aber die Ressourcen für die sowjetische Technik gehen zur Neige. Deshalb ist der Prozess der Umrüstung unvermeidlich. Er wird verschiedenen Ländern verschieden verlaufen.“

Auch aus einem anderen Grund hat Osteuropa keine Eile, die sowjetische Technik als Altmetall auszumustern: Es gibt dort heutzutage über 350 Rüstungsunternehmen, die auf sowjetische Standards zugeschnitten sind. Die am meisten entwickelten Segmente sind Produktion der Munition, Wartung, Reparatur und Modernisierung der Technik. Der Verzicht auf sowjetische Waffen kann dagegen dem militärisch-industriellen Komplex der ehemaligen Teilnehmer des Warschauer Pakts den Todesstoß versetzen.

sputniknews


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