Wien denkt neu über Eurofighter nach

  16 Februar 2018    Gelesen: 1155
Wien denkt neu über Eurofighter nach
Welche Kampfjets sollen künftig am Himmel über Österreich wachen? Die Regierung in Wien will dem Flugzeugbauer Airbus bei der Vergabe eines lukrativen Kampfjet-Auftrags offenbar eine zweite Chance geben - trotz milliardenschwerer Schadenersatzforderungen.
 

Trotz eines laufenden Rechtsstreits mit Airbus denkt die österreichische Regierung darüber nach, nun doch an dem Kampfflugzeug Eurofighter als Rückgrat der Luftraumüberwachung festzuhalten. Eine neue Kommission solle bis Juni 2018 Empfehlungen zur Ausrüstung des Bundesheeres vorlegen, kündigte Verteidigungsminister Mario Kunasek an. "Es liegen in der Zwischenzeit aktualisierte Informationen und Preisauskünfte vor, die eine Neubewertung nötig machen", sagte der FPÖ-Politiker.

Für den Flugzeugbauer Airbus, der neben dem britischen Rüstungsriesen BAE Systems und dem italienischen Luftfahrtkonzern Leonardo, am Bau des zweistrahligen Militärjets beteiligt ist, wäre ein Großauftrag aus Österreich ein willkommenes Signal. Der Eurofighter wird unter anderem im Airbus-Werk Manching bei Ingolstadt gebaut. Im Export konkurriert der Mehrzweckjäger unter anderem mit vergleichbaren Modellen von Saab aus Schweden oder von Lockheed Martin aus den USA.

Schmiergeldvorwürfe aus Wien


Die Neuausrichtung der österreichischen Luftraumverteidigung war im vergangenen Jahr durch ausufernde Kosten und schwere Korruptionsvorwürfe ins Stocken geraten: Die Regierung in Wien - damals noch getragen von einer Koalition der SPÖ mit der ÖVP - sah sich beim Einkauf von Eurofightern von Airbus hintergangen.

Im Kern ging es um undurchsichtige Geldflüsse, die im Vorfeld des Verkaufs geflossen sein sollen. Eine eigens eingerichtete Kommission empfahl daraufhin der österreichischen Regierung, auf den Einsatz des europäischen Abfangjägers zu verzichten und die Luftraumüberwachung kostengünstiger zu organisieren.

Die Österreicher entschieden sich daraufhin gegen den Eurofighter. Das Land wollte stattdessen eine neue Flotte von 18 Überschall-Kampfjets erwerben. Durch den Wechsel könnten bis zu zwei Milliarden Euro eingespart werden, hieß es. Im Gespräch war die Anschaffung des schwedischen Kampfflugzeugs Saab "Gripen" oder des US-Kampfjets F-16 von Lockheed Martin. Die neue Struktur der Luftraumüberwachung soll bis spätestens 2020 stehen.

"Wir müssen die eskalierenden Kosten des Eurofighter unter Kontrolle bringen und die damit verbundenen enormen Kostenrisiken im Interesse des Steuerzahlers und auch in Bezug auf die anderen Branchen in den Streitkräften minimieren", hatte Kunaseks Amtsvorgänger Hans Peter Doskozil erklärt.

Vor diesem Hintergrund wirkt die Ankündigung von Verteidigungsminister Kunasek nun wie eine vorsichtige Kehrtwende. Die von ihm angekündigte neue Kommission soll nun ausdrücklich auch die Nachrüstung der bestehenden Flotte von 15 Eurofightern mit aktueller Technik prüfen. Unabhängig von den Empfehlungen solle jedoch auch der von der Vorgängerregierung begonnene Rechtsstreit mit Airbus "mit Nachdruck" weitergeführt werden, betonte Kunasek.

Milliardenschwerer Schadenersatz?


Wien fordert von dem Hersteller wegen angeblich arglistiger Täuschung weiterhin Schadenersatz in Höhe von bis zu 1,1 Milliarden Euro. Airbus bestreitet die Vorwürfe. Der Flugzeughersteller habe aber angeboten, über die laufenden Betriebskosten der Eurofighter - sie liegen bei 80 Millionen Euro pro Jahr - neu zu verhandeln, hieß es. Das österreichische Bundesheer fliegt seit 2007 mit dem Eurofighter.

In separaten Korruptionsermittlungen in Deutschland willigte der Luftfahrtkonzern vergangene Woche im Zusammenhang mit den fraglichen Geldflüssen in die Zahlung eines millionenschweren Bußgelds ein. Dabei ging es laut Staatsanwaltschaft München um eine Ordnungswidrigkeit aufgrund einer "fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung". Airbus muss demnach 81,25 Millionen Euro zahlen.

Ausdrücklich hieß es, die seit 2012 laufenden Ermittlungen gegen Airbus-Mitarbeiter und Geschäftspartner hätten keine Nachweise ergeben, dass es bei dem Eurofighter-Verkauf zu Bestechungszahlungen gekommen sei. Die Staatsanwaltschaft München beanstandete aber Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe an zwei Firmen in Großbritannien.

US-Ermittler schalten sich ein


"Von dort wurden die Gelder unter Umgehung der unternehmensinternen Kontrollen großteils ohne belegbare Gegenleistung für unklare Zwecke verwendet, wobei anhand der Geldflüsse nicht feststellbar ist, welchen Zwecken die Zahlungen letztlich dienten", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Dies erfülle den Tatbestand einer fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung des Unternehmens.

Die Korruptionsermittlungen bei Airbus riefen zuletzt auch die US-Behörden auf den Plan. Die USA hätten Informationen im Zusammenhang mit den Untersuchungen der französischen Finanzpolizei PNF und der britischen Sonderermittlungsbehörde SFO angefordert, räumte der europäische Flugzeugbauer im aktuellen Geschäftsbericht ein. Der Fall könnte auch US-Recht verletzen.

Bei den Ermittlungen wegen möglichen Betrugs, Bestechung und Vorteilsnahme geht es um den Einsatz von Mittelsmännern beim Verkauf von Verkehrsflugzeugen. Die österreichische Justiz hatte bereits im vergangenen Jahr Unterlagen zu der Korruptionsaffäre an das US-Justizministerium weitergeleitet. Dabei ging es um - grundsätzlich legale - Gegengeschäfte zu einem milliardenschweren Auftrag der Regierung für das Kampfflugzeug Eurofighter aus dem Jahr 2003.

Quelle: n-tv.de


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