„Die Ukraine ist ein wundervolles Land: Hier leben wundervolle Menschen, die sehr arbeitsfreudig sind – aber sie haben Pech mit ihren Präsidenten“, sagte der Erzbischof der katholischen Diözese von Odessa und Simferopol, Bronislaw Bernazki, vor kurzem in einem Rundfunkinterview. „Möglicherweise hängt das mit der postsowjetischen Mentalität zusammen. Die Menschen können nicht anders, denn in ihren Herzen bleiben sie immer noch Kommunisten. Eine neue Zukunft für die Ukraine können wir nur durch unsere Gebete schaffen.“
Bernazki vertritt in der Ukraine die Interessen der Römisch-Katholischen Kirche und kritisiert schon seit mehreren Jahren die Behörden in Kiew.
Der Vatikan agiert in der Ukraine in letzter Zeit wesentlich intensiver als früher. Allerdings leisten sich seine Vertreter nur selten politische Aussagen: Der Heilige Stuhl hält sich nur für einen der mehreren Vermittler im Kontext der aktuellen Prozesse in der Ukraine, insbesondere der Konfliktregelung im Donezbecken.
Ende Januar hatte der Papst Franziskus Kiew besucht. In der Kathedrale der Heiligen Sofia wandte er sich an die Kirchgänger mit dem Aufruf, sich miteinander zu versöhnen.
Wie eine Quelle in der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats die Rede des Papstes bewertete, hatte er keine politischen Aussagen gemacht und Russland dabei nicht einmal erwähnt. Er sprach vielmehr darüber, wie der Glaube aufrechterhalten und an jüngere Generationen weitergegeben werden könnte, und über die Unterstützung der Menschen, „deren Herzen nicht nur mit Liebe schlagen, sondern auch mit den Sorgen um ihr Land“. Den Konflikt in der Ostukraine erwähnte der Pontifex nicht.
Die religiöse Situation in der Ukraine ist ziemlich angespannt. Es gibt offensichtliche Kontroversen zwischen den griechischen Katholiken (die den Papst anerkennen) und den Orthodoxen. Zudem gibt es einen Konflikt zwischen der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der nichtanerkannten selbstständigen Kirche des Kiewer Patriarchats. Und schließlich sprach der katholische Erzbischof Metschislaw Mokschizki aus Lwow im vorigen Jahr über Kontroversen zwischen den griechischen und römischen Katholiken.
Die Russisch-Orthodoxe Kirche nimmt in diesem Aspekt übrigens eine Position ein, die der Position der Römisch-Katholischen Kirche nahe ist. Die beiden sind über die Aktivitäten der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche beunruhigt. Die Russisch-Orthodoxe Kirche fürchtet, dass die griechischen Katholiken die ukrainischen Orthodoxen verdrängen wollen.
Das Thema Ukraine stand auch auf der Tagesordnung der Verhandlungen des Staatssekretärs des Vatikans, Pietro Parolina, mit dem Patriarchen Kyrill und mit dem russischen Außenminister, Sergej Lawrow. Parolina besuchte Moskau im August 2017.
„Das Thema Ukraine ist sehr wichtig, denn die Griechisch-Katholische Kirche handelt in der Ukraine in Übereinstimmung mit der Römisch-Katholischen Kirche und ist dabei eine der östlichen katholischen Kirchen“, sagte Parolina. „Wir wissen von der Aufmerksamkeit, die der Papst Franziskus dem humanitären Aspekt der Ukraine-Krise schenkt.“
Vertreter des Vatikans wollten sich auch mit Präsident Putin treffen, aber dazu kam es nicht. Zuvor hatte sich der Kreml-Chef zwei Mal mit dem Pontifex getroffen: 2013 und 2015, also noch vor und schon nach dem Ausbruch der Ukraine-Krise.
Bei ihrem zweiten Treffen unterstrich Franziskus trotz der Kritik seitens einiger westlicher Länder, dass Putin ein Führer der orthodoxen Welt sei und dass man seine Autorität keineswegs ignorieren dürfe. Noch früher hatte sich der Papst öfter gegen die westlichen Russland-Sanktionen ausgesprochen.
Und im Februar 2016 fand ein Treffen von Franziskus mit dem Patriarchen Kyrill statt, wobei sich die Seiten auf die weitere Festigung der Kontakte einigten. Allerdings will sich der Vatikan laut Quellen in absehbarer Zeit nicht in die politische Debatte um die griechischen Katholiken und um die Situation im Donezbecken einmischen.
sputniknews
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