Sommer in Russland. Eine Kneipe, irgendwo in Moskau, Kasan oder Sotschi. Gerade hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eines ihrer Vorrundenspiele gewonnen, das muss begossen werden. Und guck mal, die russischen Fußballfans da am Nebentisch, die sehen nett aus, mit denen stoßen wir jetzt mal an und sagen ...
STOP. Wer jetzt im Kopf irgendwas gedacht hat, das grob wie "na sdorowje" klingt, der liest die folgenden Absätze bitte besonders gründlich. Oder druckt sie am besten aus und textmarkert sich die wichtigsten Infos schön gelb, allen voran diesen Satz: "Prost" oder "wohl bekommt's" heißt nicht "na sdorowje", jedenfalls nicht in Russland. In Polen können Sie das gerne sagen (und es dann "na zdrowie" schreiben), aber in Russland prostet so niemand, jedenfalls kein Muttersprachler. Trotzdem begegnet einem immer wieder Ausländer, die das glauben.
Was also dann? Wer nicht allzu weit vom bisher für richtig Gehaltenen abweichen will, der kann ja "sa sdorowje" sagen. Das heißt tatsächlich soviel wie "auf die Gesundheit" und ist ein guter Einstieg in russisches Anstoßvokabular: Immer schön mit "sa" vorne, also "auf", und dann ein Substantiv je nach Interessenlage: "sa druschbu", auf die Freundschaft, "sa ljubow", auf die Liebe, "sa wstretschu", auf unser Treffen. Neulich habe ich von einem Geschäftsmann gehört, der neu in Russland war, im Energiesektor arbeitete und schnell merkte, dass ihm nicht viel Zeit für Russischunterricht bleibt. Da aber Geschäftsessen (und damit auch Geschäftstrinken) zu seinen Pflichten gehörten, ließ er sich einen griffigen, branchentauglichen Trinkspruch beibringen: "Sa Was, sa nas, sa gas!" - "Auf Sie, auf uns, aufs Gas."
Soweit das Einsteigerprogramm. Genug, um mit den russischen Fans am Nebentisch anzustoßen, aber nicht genug, um mit dem mitzuhalten, was im weiteren Verlauf des Abends vielleicht von dort zurückkommt. Denn wo wir Deutschen uns gerne mit einem schlichten "Prost" begnügen und "Nicht lang schnacken, Kopf in'n Nacken" schon für den Gipfel bierseliger Eloquenz halten, verstehen es Russen immer wieder, mit ausgefeilten, langen, durchaus anrührenden Trinksprüchen zu beeindrucken. Nicht beim ersten Kennenlernen in einer Kneipe vielleicht, aber doch, wenn der Abend fortschreitet und man sich ein bisschen besser kennt.
Deshalb soll das letzte Wort hier heute Juri gehören. Wir haben uns neulich auf der Party einer gemeinsamen Freundin kennengelernt, es gab einen Geburtstag zu begießen und den Unabhängigkeitstag eines kleinen Landes noch dazu, außerdem natürlich die Freundschaft, die Geselligkeit - so viele gute Gründe für einen Trinkspruch. Bei Juri klang das dann so: "Hoch auf einem Berg lebte einmal ein Mann. Jeden Morgen, wenn er aus dem Haus ging, musste er sich mit der Schaufel den Weg zu seiner Arbeit durch den hohen Schnee bahnen, und wenn er abends von der Arbeit zurückkam, musste er einen neuen Weg durch den Schnee zurück zu seinem Haus graben. Ich wünsche euch allen, dass ihr den Weg zu eurem Haus nie freischaufeln müsst, weil der Schnee immer plattgetreten sein soll von den Füßen eurer Freunde."
Quelle: n-tv.de
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