Ein Ex-Azubi soll die Deutsche Bank retten

  10 April 2018    Gelesen: 1618
Ein Ex-Azubi soll die Deutsche Bank retten

Mit Christian Sewing steht erstmals seit langem kein Investmentbanker, sondern ein Privatkundenmanager an der Spitze der Deutschen Bank. Er soll ihre unrentablen Zocker-Abteilungen dichtmachen. Hat er das Zeug zum Vollstrecker?

 

Drei Verlustjahre hintereinander waren dann doch zu viel: Am Sonntag hat Chefaufseher Paul Achleitner Deutsche-Bank-Chef John Cryan mit sofortiger Wirkung gefeuert, nachdem er sich endgültig mit ihm überworfen hatte. Cryans Nachfolger wird einer der zwei bisherigen Vizechefs, Christian Sewing, der bislang das Privatkundengeschäft geleitet hat.


Sewings Berufung ist eine Zeitenwende für die Deutsche Bank. Sein glückloser Vorgänger hat versucht, die Kosten zu senken und mit milliardenschweren Strafen und Vergleichen die meisten krummen Geschäfte aus der Ackermann-Ära abgearbeitet. Aber er hat nie eine echte Vision entwickelt, wie die Deutsche Bank wieder Geld verdienen kann.

Nun also versucht es Achleitner mit einem Eigengewächs, um die ausufernden Milliardenverluste der Bank in den Griff zu kriegen und sie vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit zu retten. Sewing hat sein gesamtes Berufsleben im Konzern verbracht. Angefangen hat er 1989 als Azubi in einer Filiale in Bielefeld, arbeitete sich dann auf Stationen in Toronto, Singapur und Tokio hoch und zog vor drei Jahren in die Vorstandsetage ein.

Seine Berufung steht für die Renaissance des Privatkundengeschäfts in den letzten Jahren - und das jähe Ende der Traumtänzerei: Nach dem eiskalten Londoner Investmentbanker Anshu Jain und dem weltgewandten britischen Sanierer John Cryan übernimmt nun wieder der deutsche Bankkaufmann das Ruder. Nach ihrem Höhenflug vor der Finanzkrise ist die Bank nun endgültig auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen.

Vollstrecker von Achleitners Gnaden


Von ihrem größenwahnsinnigen Anspruch, die mächtigste Investmentbank der Welt zu sein, hat sich die Deutsche Bank zwar schon lange wieder verabschiedet. Doch die Frage ist, ob es Sewing wirklich schafft, sich vom Investmentbanking zu verabschieden. Bisher ging es nur darum, die Geschäfte der Londoner Trader zurückzustutzen und die Bank besser auszutarieren.

Den sogenannten stabilen Geschäftsbereichen mehr Gewicht gegeben haben auch bereits Sewings Vorgänger Cryan und Jain. Aber sie trauten sich nicht, die Zockerabteilungen der Bank endgültig zu schließen, die nicht im Kundeninteresse handeln. Zu verlockend ist die Hoffnung auf Turbo-Renditen aus dem Kapitalmarktgeschäft, wenn es denn läuft.

Sewing hat nun in seinem ersten Brief als Bankchef an die Mitarbeiter angekündigt, "harte Entscheidungen zu treffen und umzusetzen". "Große Durchsetzungskraft" hat Deutsche-Bank-Chefaufseher Paul Achleitner ihm bescheinigt. Der Druck auf Sewing ist riesig: Achleitner erwartet von ihm nichts weniger, als "die Deutsche Bank erfolgreich in eine neue Ära zu führen".  

Seine einzige Mission ist es, die Deutsche Bank wieder profitabel zu machen. Dafür will der neue Chef kompromisslos den Rotstift ansetzen.  Dass die Bank künftig "Ziele auf der Kosten- und der Ertragsseite verfehlt" wie in der Vergangenheit verbittet sich der neue Chef: "Das wird das Führungsteam nicht mehr akzeptieren." Sewing will "Kapazitäten für Wachstum freisetzen, indem wir uns dort zurückziehen, wo wir nicht ausreichend rentabel arbeiten können".

Eine neue Vision von der Deutschen Bank


Das klingt wie eine Kampfansage an die Investmentbanker. Doch so einen gewagten Schritt hat Sewing in seiner Karriere bisher noch nicht verantworten müssen. Er war sechs Jahre Risikomanager in London, danach Chef der Konzernrevision. Und wenn er nun schreibt, die Bank soll ihre "Jägermentalität" zurückgewinnen, klingt er eigentlich mehr wie ein Derivatehändler aus der City als ein Filialleiter aus Bielefeld.

Sollte Sewing sich tatsächlich trauen, einen Schlussstrich unter das Kapitel Investmentbanking zu ziehen, könnte das für die Deutsche Bank die Rettung sein. Andere Banken wie JPMorgan oder UBS haben den Kurswechsel längst erfolgreich vollzogen. Eine echte Strategie jenseits von Kostenzielen hat Sewing aber noch nicht erkennen lassen. Auch sein Ziel, "Bürokratie oder Doppelarbeiten zu beseitigen" klingt nicht nach dem großen Wurf.

Bis Sewing eine echte Vision der neuen Deutschen Bank entwickelt, bleibt er deshalb ein Vollstrecker von Achleitners Gnaden. Deutsche-Bank-Vize Markus Schenck, ein ehemaliger Goldman-Sachs-Banker, war wie Sewing ebenfalls im Rennen um Cryans Nachfolge, hat aber offenbar dankend abgewunken. Achleitner bedauerte Schencks Entschluss "außerordentlich". Auch andere Geldmanager aus dem Ausland, die Achleitner kontaktiert haben soll, lehnten ab. Das spricht nicht nur Bände über die Lage der Deutschen Bank. Sondern auch über Sewings Aussichten: Als Retter der Deutschen Bank war er offenbar nicht Achleitners erste Wahl.

Quelle: n-tv.de


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