Putin nutzt die Lüge
Russische Spezialeinheiten sind in der Ukraine aktiv. Bisher garantierte dieser Satz einen veritablen Shitstorm von Kreml-Trollen und sorgte für Empörung bei Putin-Verstehern. Lüge sei das. Propaganda. Und nun? Nun sagt der russische Präsident genau das, obwohl er es immer wieder abgestritten hat. Warum? Weil er nicht dumm ist.
"Wir haben nie gesagt, dass keine Leute dort seien, die bestimmte Aufgaben ausübten, einschließlich im militärischen Bereich", sagt Wladimir Putin. Das bedeute aber nicht, dass reguläre russische Soldaten in der Ukraine seien. "Achten Sie auf den Unterschied."
Das ist nicht etwa nur Arroganz der Macht, die einem die Sprache verschlägt. Schließlich hat der Kreml diese gut ausgerüsteten Männer stets als "lokale Selbstverteidigungskräfte" bezeichnet. Das plötzliche Einräumen vehement geleugneter Tatsachen ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie die überaus erfolgreiche Kreml-PR funktioniert. Fast jeder in Russland weiß, dass die Politiker und die vom Kreml gesteuerten Medien lügen wie gedruckt. Aber für die meisten ist das völlig normal. Und der Propaganda-Apparat des Kremls sorgt dafür, dass westliche Politiker und Medien in ihren Augen nicht besser sind - genauso korrupt, genauso interessengeleitet, genauso bigott, genauso verlogen.
Auch in Deutschland gibt es Menschen, die davon überzeugt sind. Hierzulande wird tatsächlich auf Demonstrationen "Lügenpresse" skandiert. Es finden sich dort Menschen, die Angela Merkel oder Sigmar Gabriel für genauso unaufrichtig halten wie Wladimir Putin. Nicht nur in Russland, auch im Westen fällt die allgemeine Verachtung gegenüber Politikern und Medien auf fruchtbaren Boden.
Die Propaganda-Maschine des Kremls, in Deutschland unter anderem mit RT Deutsch präsent, trägt ihren Teil dazu bei. Das Ziel: Niemand soll mit Gewissheit sagen können, was wahr und was gelogen ist. Im Zweifel ist alles gelogen. Trauen darf man ja niemandem.
In Russland fördert diese Mischung aus Beliebigkeit und Orientierungslosigkeit die Sehnsucht nach einem starken Führer, der Halt gibt. Egal, wenn er das Land ausplündert. Hauptsache er schafft die Illusion, knallhart russische Interessen zu verfolgen.
Nein, Putin darf man kein Wort glauben. Was mag er in der Vergangenheit noch alles an Unwahrheiten verbreitet haben, fragen sich die einen. Egal, schimpfen die anderen. Merkel ist doch keinen Deut besser. Sie irren sich.
Ein Kommentar von Jan Gänger