Ukraine: Eine Billion Dollar steht ins Haus – oder wie Poroschenko sich bereichert

  15 Mai 2018    Gelesen: 996
Ukraine: Eine Billion Dollar steht ins Haus – oder wie Poroschenko sich bereichert

Eine Geldlawine rollt auf die Ukraine zu, wie jüngst ein Showtalent im ukrainischen Fernsehen erklärte. Die Ukrainer müssten sich nur zusammenreißen und endlich Kiews Reformen über sich ergehen lassen. Ob der ukrainische Präsident davon profitiert, ist fraglich. Er erklärte nämlich kürzlich, Geld interessiere ihn eigentlich nicht.

Die Ukrainer würden in weniger als einem Jahr nach der Präsidentschaftswahl ihr Land nicht wiedererkennen, proklamierte neulich der ukrainische Medienstar Dmitri Gordon im Fernsehen. Unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen versprach er, dass „über 600 Milliarden Dollar bereitstehen“, um in die Ukraine zu fließen, vorausgesetzt es würden endlich „notwendige Reformen“ vorgenommen. Das Sümmchen entspricht übrigens, zum Vergleich, etwa den Jahreseinnahmen des kanadischen Fiskus.

Nun ist Dmitri Gordon ein sehr rühriger ukrainischer Wahrsager – selbst die Krake Paul sieht angesichts seiner hellseherischen Fähigkeiten alt aus. Mehrmals im Jahr verspricht Gordon beispielsweise, Russland werde bald komplett zerfallen. Dass diese Prognosen nicht eintreten, bringt ihn aber kein bisschen in Verlegenheit, beruft er sich bei seinen Vorhersagen doch stets auf höchste und kompetenteste Stellen, die selbstverständlich allerstrengst geheim gehalten werden müssten.

Als aber die Zuschauer die 600-Milliarden-Dollar Vision von Dmitri Gordon nicht glauben wollten und verspotteten, klickten sich ukrainische Patrioten in die Onlinediskussion ein, um dem argwöhnischen Publikum zu versichern, dass 600 Milliarden doch eigentlich Peanuts seien. Denn bald schon werde Russland 500 Milliarden Dollar an Reparationen an die Ukraine zahlen. Und dafür seien überhaupt keine Reformen notwendig. Alles in allem stünden also 1 Billion und 100 Milliarden US-Dollar ins ukrainische Haus, man müsse nur die Tür aufmachen.

Doch während das Land hoffnungsfroh auf den Geldsegen wartet, erklärt der ukrainische Präsident Petro Poroschenko im Interview mit dem „Focus“ überraschend, dass er persönlich Geld gar nicht so liebe. Mehr noch: Auch Oligarchen liebe er nicht, und werde nicht zulassen, dass auch nur einer von ihnen auf irgendetwas Einfluss nehmen könne. Was Poroschenko aber liebt, das ist wohl die Heimat: Er sei bereit, sein Leben für die Ukraine zu opfern, betonte der Präsident im „Focus“-Interview.

Wie es um Poroschenkos erklärte Abneigung gegenüber dem Geld wirklich steht, ist eines prüfenden Blickes wert. Denn das Vermögen des ukrainischen Präsidenten ist in der ganzen Zeit, in der er öffentlich präsent ist, kontinuierlich und exponentiell gewachsen. Ungeachtet dessen, dass Petro Oleksijowytsch in den letzten 20 Jahren pausenlos hohe Staatsämter bekleidete, die jedwede unternehmerische Nebentätigkeit ausschließen, ist die Liste von Firmen und Geschäften, die Poroschenko gehören, stets gewachsen – und damit auch sein Vermögen.

Selbst in seiner Funktion als Wirtschaftsminister verzichtete Poroschenko – trotz des krassen Interessenkonflikts – nicht auf seine Geschäftstätigkeit. Zugleich holte er eine Reihe von Geschäftsleuten in den Kreis seiner Vertrauten, die sich dank der Gunst des Ministers innerhalb kürzester Zeit von einfach nur reichen Menschen zu Oligarchen unterschiedlicher Größe mauserten. Und auch Petro Oleksijowytsch selbst hat sich in seiner Beamtenzeit von einem Superreichen zu einem wahren Oligarchen entwickelt.

So richtig in Fahrt gekommen ist Poroschenko aber erst, als er 2014 Präsident eines vom Bürgerkrieg erfassten Landes geworden ist. Die Einheimischen wissen noch, wie sich die Supermarktkette Roshen quasi über Nacht über die ukrainischen Städte legte. Sorgen um Anstand und Regeln musste sich Poroschenko als alleiniger Herr im Haus ja nicht mehr machen.

Den ukrainischen Präsidenten als einen Schokokönig zu bezeichnen, würde jedoch den falschen Eindruck erwecken, sein Geschäftsinteresse gelte ausschließlich den Süßwaren. Indes ist Poroschenko auch ein Großindustrieller, ein Waffenproduzent: Kampfpanzer zum Beispiel stellt sein Firmenimperium auch her. Einst versprochen, er werde sein gesamtes Vermögen (außer dem eigenen Fernsehsender natürlich, der dem Präsidenten mediale Rückendeckung gibt) einem Vermögensverwalter übergeben, hat Poroschenko letztlich doch alles selber behalten – einschließlich der Schokofabrik im zentralrussischen Lipezk, deren Verkauf er zuvor den Rothschilds in Aussicht gestellt hatte.

Überhaupt beruht Poroschenkos Abneigung gegenüber dem Geld auf wundersame Weise nicht auf Gegenseitigkeit. Mit jedem Tag der Präsidentschaft wirkt der Präsident auf das Geld immer anziehender. Es ist schon bezeichnend, dass Petro Oleksijowytsch, der regelmäßig zwei Mal in der Woche mit Russland und den Russen bricht sowie alle Wirtschaftsbeziehungen mit dem „Aggressor“ verbietet, es nicht nur nicht schaffte, sich von seiner russischen Schoko-Fabrik zu trennen, sondern laut Medienberichten ein weiteres Geschäft in Russland dazukaufte.

Mit welcher Dynamik der Kampf des ukrainischen Präsidenten gegen das verhasste Geld verläuft, zeigt die Statistik: Noch in der Regierungszeit Janukowitschs, als Mitarbeiter dieser „Verbrecherregierung“, schaffte es Poroschenko, sein Vermögen zu verdoppeln. Und als 2014 in Kiew die Reifen brannten und im Donbass der Bürgerkrieg wütete, vermehrte er seinen Schatz um das Siebenfache: 370 Millionen Hrywnja verdiente er in dem Jahr – gegenüber den 50 Millionen im Jahr 2013.

Über 100 Unternehmen kontrolliert Poroschenko laut Experten heute. Zu seinen Assets zählen auch Firmen in Kasachstan, Georgien und Weißrussland. In den berühmten Panama-Papers aufgetaucht, überstand der ukrainische Präsident auch diesen Skandal unbeschadet, und macht seither weiter damit, Reichtum anzuhäufen. Eine geradezu erstaunliche Dynamik hat in dieser Hinsicht Poroschenkos Internationale Investmentbank hingelegt: In nur einem Quartal 2017 stieg deren Umsatz um 198 Prozent.

Auch vom Geldausgeben versteht der ukrainische Präsident eine Menge. Sein letzter Weihnachtsurlaub auf den Malediven kostete mindestens eine halbe Million Dollar pro Woche. Wobei manche Experten annehmen, dass er für den Urlaub nicht in die eigene Tasche greifen musste, sondern großzügige Sponsoren hatte. Eben von diesen Sponsoren ist die Rede, wenn Analysten über die Vermögensentwicklung jener ukrainischen Oligarchen sprechen, für die Poroschenko angeblich nur Verachtung übrighabe.

Wobei: So einfach ist die Sache mit den Oligarchen dann doch nicht. Schließlich hat der ukrainische Präsident dem Multimilliardär Ihor Kolomojskyj die „Privatbank“ abgepresst. Aber der ist ja auch selbst schuld. Warum musste er auch unterschätzen, wie nachtragend der ukrainische Präsident sein kann, als er diesen immerzu verhöhnte. Das hat er nun davon.

Ganz anders verhält es sich mit Rinat Achmetow aus Donezk, dem Hauptsponsor der „Verbrecherregierung“ von Viktor Janukowitsch. Entgegen allen Erwartungen häuft Achmetow weiterhin Reichtümer an. Zwar hatte er 15 Prozent seiner Assets verloren, die in der Ostukraine geblieben sind, von der Forbes-Liste verschwunden ist er deshalb aber noch lange nicht. Ausgeklügelte Steinkohlegeschäfte ermöglichen es dem Oligarchen Achmetow, den Brennstoff bei den „Separatisten“ in den Volksrepubliken einzukaufen und nach einem dubiösen Preisschlüssel („Rotterdam plus“) abzurechnen.

Unter der schützenden Hand Poroschenkos blüht und gedeiht Achmetows Bergbaukonzern DTEK zu beidseitigem Nutzen der beiden Oligarchen: Um zehn Prozent stieg der Konzerngewinn letztes Jahr – auf 141 Milliarden Hrywnja. Und die ukrainische Bevölkerung zahlt brav die Rechnung mit den ständig steigenden Energiepreisen. Ohne die Unterstützung von ganz oben kann es so etwas in der Ukraine nicht geben.

Andere ukrainische Hofdiener folgen dem Beispiel ihres Herren in Kiew. Was dieser vormacht, lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Gib dein Vermögen ruhig an, pfeif auf das verarmte Wahlvolk und gönn dir mal Urlaub nach Art der Superreichen – Hauptsache, du vergisst es nicht, in aller Regelmäßigkeit Phrasen über Patriotismus, Altruismus und die Hand des Kremls zu dreschen.

sputnik.de


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