Trumps Iran-Politik: Grabrede für den Frieden in Europa? – Nahost-Experte

  23 Mai 2018    Gelesen: 1077
Trumps Iran-Politik: Grabrede für den Frieden in Europa? – Nahost-Experte

Europa steht vor einer wesentlichen Zäsur, warnt Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen (GÖAB), im Hinblick auf die angekündigten US-Sanktionen gegen den Iran: „Europa kann sich nicht länger verschweigen.“

Es sei „höchst an der Zeit“, dass die transatlantische Zusammenarbeit, wie sie bisher gelaufen sei, aufhöre, fordert der GÖAB-Generalsekretär gegenüber Sputnik. Das liege absolut im Interesse der europäischen Sicherheit: „Wir, nicht die USA auf ihrer Insel, werden die Rechnung für weitere Konflikte zu bezahlen haben. Wirtschaftlich mit einem Anstieg der Flüchtlinge. Politisch mit billigen Vorlagen für die europäischen Rechtsnationalisten, die in Wirklichkeit aus solchen Krisensituationen ihren Gewinn ziehen.“

„Europa kann nicht länger schweigen“

Europa stehe vor einer ganz wesentlichen Zäsur, betont der österreichische Nahost-Experte. „Die Entscheidungen über die Iran-Sanktionen treffen einfach zentrale Fragen der gesamten Welt-Politik und der europäischen Politik. Wenn Europa keine Formel findet, sich von der Iran-Politik von Trump zu differenzieren, dann werden wir in den nächsten Jahren uns sehr, sehr warm anziehen müssen. Denn dann werden diese Konflikte weitergehen“, warnt Edlinger.

Sowohl die Annäherungen zwischen Israel und Saudi-Arabien, als auch die Bombardements der Terroristen durch die israelische Luftwaffe auf der Sinai-Halbinsel mit Erlaubnis der ägyptischen Regierung, würden dazu genutzt werden, um neue Tatsachen im Nahen Osten zu schaffen, bemerkt Fritz Edlinger: „Dies betrifft die ganze Welt. Europa kann sich nicht länger verschweigen.“

Grabrede für die österreichische Friedenspolitik

Die österreichische Bundesregierung habe sich in ihrer grundsätzlichen Position zum Palästina-Konflikt festgefahren, unterstreicht der Nahost-Experte:

„Wir Österreicher müssen uns damit auseinandersetzen, dass in den letzten Monaten still und leise, ohne öffentliche Debatte im Parlament, diese Regierung die jahrzehntelange traditionelle österreichische Nahost-Politik, die in den 1970er Jahren begonnen wurde, zu Grabe getragen hat.“

Es sei ein Ausdruck dessen, dass ein ständiges Lobbying der Israellobby in Europa gefruchtet habe, bemängelt Edlinger.

Seit Jahren engagiert er sich für direkte zivilgesellschaftliche Beziehungen zwischen arabischen Ländern und Österreich und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Antisemitismus. So sei es faszinierend, dass sich die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) immer wieder antisemitische Ausrutscher erlaube und sich gleichzeitig als Freund Israels geriere, bemerkt der Experte. Das sei jedoch ein ganz „merkwürdiges Phänomen“, welches nicht nur auf Österreich beschränkt sei, sondern sich auch unter anderem auf Deutschland und Frankreich ausweite.

Friedensprozess im Nahen Osten tot?

Von einem Friedenprozess zwischen Israel und Palästina könne man seit Jahren nicht mehr sprechen, kritisiert Edlinger: „Es ist klar, dass der ganze Friedensprozess aus Oslo tot ist.“ Man sei einfach nicht bereit gewesen, die Grundsätze und die Grundlagen des Konfliktes anzugehen, bemängelt der Politikwissenschaftler von der GÖAB. „Man glaubt einfach, dass man durch das Lavieren, wie es auch die Europäische Union seit vielen Jahren betreibt, weiterkommt.“ Doch das sei so nicht möglich, unterstreicht Edlinger

Die palästinensische Führung hatte in der vergangenen Woche eigenen Angaben nach ihre Botschafter aus vier EU-Ländern im Zusammenhang mit der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem abgezogen. Betroffen sind Österreich, Tschechien, Ungarn und Rumänien. Die Diplomaten aus diesen vier Ländern waren zu dem Empfang des israelischen Außenministeriums gekommen, auf dem die umstrittene Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem gefeiert wurde.

sputnik.de


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