Der will nur kurven

  04 Juni 2018    Gelesen: 1680
Der will nur kurven

BMW hat sich bei der Entwicklung des neuen Z4 auf einen Kooperationspartner eingelassen. Die Zusammenarbeit mit Toyota hat dem Roadster gutgetan - wie eine erste Fahrt im Prototypen zeigt.

 

Albert Maier ist ein Bayer wie er im Buche steht. Groß, freundlich, zupackend. Selbst wenn er Englisch redet, hört man seine süddeutsche Herkunft heraus. Mittlerweile spricht der Fahrdynamiker aus der BMW-Entwicklungsabteilung sogar ein paar Worte japanisch, denn sein jüngstes Projekt ist eine Kooperation mit Toyota.

Zum ersten Mal überhaupt hat sich BMW bei einem kompletten Auto auf die Zusammenarbeit mit einem anderen Hersteller eingelassen. Maier stimmt gerade den neuen Sportwagen Z4 ab und hat in seinem Roadster immer mal wieder ein paar Toyota-Ingenieure sitzen. BMW wird den Z4 als Roadster verkaufen, Toyota plant den Vertrieb des nahezu baugleiche Coupés unter dem legendären Namen Supra.

Die intensive Zusammenarbeit mit Toyota war offenbar nötig. Die Kunden kaufen immer weniger Roadster, deshalb fällt es den Unternehmen schwer, mit solchen Autos noch Geld zu verdienen. Mercedes will sein Open-Air-Portfolio deshalb kräftig eindampfen, Mazda und Fiat haben sich für MX-5 und Spider zusammengetan.

Der Cabriomarkt hat sich in den vergangenen Jahren halbiert

"Für Fahrzeuge mit größeren Stückzahlen finden viele Marken innerhalb ihrer eigenen Konzerne genügend Synergien. Doch wenn es um Nischenmodelle wie einen Roadster geht, muss man bisweilen auch draußen nach einem Partner suchen, damit sich so ein Projekt rechnet", sagt Arthur Kipferler von der Strategieberatung Berylls in München.


Seit 2007 hat sich der weltweite Cabriomarkt von rund 800.000 verkauften Modellen nahezu halbiert - auf nur noch 418.000 Einheiten im Jahr 2017. Die Aussichten für die Zukunft sind auch nicht viel besser. Allerdings sei die Nische der Roadster schon immer stark angebotsgetrieben gewesen: "Wenn attraktive Modelle kommen, kann auch wieder mehr Nachfrage entstehen," macht Kipferler den Herstellern Mut.

Für BMW war die Zusammenarbeit mit den Japanern vielleicht die einzige Möglichkeit, den Z4 überhaupt auf die Räder zu stellen. Fast ein Jahr lang hatte BMW das Modell gar nicht mehr im Angebot. Trotz der notwendigen Kooperation sollen dem Kunden keine Nachteile entstehen. Befürchtungen, der Z4 fahre vielleicht gar nicht mehr wie ein BMW, versuchen, die Münchner zu entkräften: "Der neue Z4 sähe genauso aus, wenn es keinen Supra geben würde", sagt Produktmanager Andreas Ederer. "Und er würde genauso fahren."

Stoffverdeck statt Hardtop

Unisono behaupten die Ingenieure, sie hätten keine Kompromisse für den Kooperationspartner gemacht. Wenn der Supra überhaupt einen Einfluss auf den Z4 hatte, dann allenfalls einen guten. Denn bei der Arbeit an dem Roadster hat sich BMW, vielleicht in der unterbewussten Abgrenzung zum kommenden Toyota, wieder an seine alten Ideale erinnert und das Hohelied der Fahrfreude angestimmt. Wo, wenn nicht bei so einem Nischenauto, das von den allermeisten Kunden ohnehin nur als Zweitwagen gefahren wird, kann die Positionierung auch mal ein bisschen spitzer sein, sagt Produktmanager Ederer.

War der letzte Z4 ein für BMW ungewöhnlich komfortbetontes Auto, das dem Mercedes SLC deutlich näherkam als einem Porsche Boxster, haben die Bayern den Roadster nun wieder deutlich sportlicher und puristischer ausgelegt - trotz üppiger Komfort- und Infotainmentausstattung. So ist erstmals im Segment auch ein Head-up-Display an Bord.

Obwohl die Prototypen noch stark getarnt sind, erkennt man die größte Veränderung sofort: Wo es zuletzt ein versenkbares Hardtop gegeben hat, prangt jetzt wieder ein Stoffverdeck. Das sieht nicht nur besser aus, es öffnet auch schneller und auch während der Fahrt. Im Kofferraum lässt es zudem mehr Platz, der jetzt offen wie geschlossen 265 Liter fasst. Seinen größten Beitrag leistet das Verdeck zur Gewichtsersparnis von 50 Kilo im Vergleich zum Vorgänger, die Reduktion kommt dem Fahrverhalten zugute.

Kompromissloser Sportler für die Kurvenhatz

Nur zwei, drei Kurven reichen und ein paar kurze Sprints, dann hat man den sportlichen Charakter des Z4 erfasst. Der Radstand ist kürzer geworden, die Spur breiter als beim Vorgänger. Das Fahrwerk besitzt Finessen wie eine variable Sportlenkung, adaptive Verstelldämpfer und ein elektronisches Sperrdifferential im Heck - so wird der Z4 - je nach Einstellung - zur Spaßgranate. Dann wirft er seine Gelassenheit ab, die er zweifelsohne auch zum Flanieren besitzt, und drängt Richtung Rennstrecke.

Natürlich liegt das auch am Motor. Der Z4 startet nach seiner Publikumspremiere Ende August beim Concours d'Elegance in Pebble Beach im nächsten März erst mal als M40i mit einem drei Liter großen Sechszylinder. Der kommt auf 340 PS und 500 Nm und erreicht Tempo 100 in weniger als fünf Sekunden. Der Schätzpreis für den M40i beträgt etwa 60.000 Euro. Erst später will BMW mindestens zwei Vierzylinder nachlegen, mit denen die Leistung auf etwa 200 PS und der Grundpreis auf rund 40.000 Euro sinken dürfte.


Ein komfortabler Cruiser für Kaffeefahrt und zugleich ein fast schon kompromissloser Sportler für die Kurvenhatz - es ist beeindruckend, welchen Spagat der Z4 M40i schafft. Unweigerlich fragt man sich, was Toyota dem entgegensetzen wird. Jos van As, oberster Testfahrer für beide Modelle, antwortet diplomatisch: Natürlich habe jeder Hersteller seine eigene Philosophie. BMW lege angesichts von Autobahnen ohne Tempolimit sicher mehr Wert auf Beschleunigung und V-Max. Doch große Unterschiede zwischen den beiden Modellen dürfe man nicht erwarten.

"Wir Fahrdynamiker ticken auf der ganzen Welt schließlich gleich", sagt van As mit einem Schmunzeln. Viel mehr Lob darf er dem Schwestermodell nicht zusprechen, weil das schließlich ein Konkurrent ist. Mehr Kritik kommt ihm auch nicht über die Lippen - haben er und seine Leute den Supra doch im Auftrag von Toyota selbst entwickelt. In den vergangenen Jahren haben die Bayern von den Japanern nicht nur ein paar Vokabeln gelernt, sondern auch neue Umgangsformen entwickelt. Während die Entwickler von BMW gerne ein offenes Wort pflegen, gehört Höflichkeit zu den großen japanischen Tugenden.

 


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