Konjunkturdaten bereiten zunehmend Sorge

  08 Juni 2018    Gelesen: 1196
Konjunkturdaten bereiten zunehmend Sorge

Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Jüngste Daten weisen auf ein verhaltenes zweites Quartal hin. Ein Ende des Aufschwungs ist nach Einschätzung von Experten aber noch nicht in Sicht.

 

Schwächere Exportzahlen, nachgebende Produktion und zurückgehende Auftragseingänge in der Industrie: Der Auftakt für das Frühjahr fällt in Deutschlandverhalten aus. Im Vergleich zum Vormonat sind die Exporte aus Deutschland im April um 0,3 Prozent gefallen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Die Importe legten dagegen unerwartet stark um 2,2 Prozent zu.


Schwache Zahlen kamen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Die Gesamtproduktion gab im April unerwartet nach. Industrie, Bau und Versorger stellten zusammen ein Prozent weniger her als im Vormonat, nachdem es im März noch um 1,7 Prozent nach oben gegangen war. Ökonomen hatten dagegen ein Wachstum von 0,3 Prozent erwartet. "Nach einem moderaten ersten Quartal ist die Produktion schwach in das zweite Quartal gestartet", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium die Zahlen.

Industrieproduktion um 1,7 Prozent gesunken

In der Industrie wurden im April 1,7 Prozent weniger Güter hergestellt als im Vormonat. Die Energieerzeugung fiel um 1,6 Prozent. Ein starker Anstieg im Baugewerbe um 3,3 Prozent konnte dies nicht ausgleichen.

Innerhalb der Industrie fiel die Herstellung von Konsumgütern am deutlichsten. Aber auch Vorleistungs- und Investitionsgüter wurden deutlich weniger produziert als im Vormonat.

Die Branche verzeichnet die längste Auftragsflaute seit der weltweiten Finanzkrise2008. Bereits am Donnerstag hatten die Statistiker mitgeteilt, dass die Zahl der neuen Aufträge im April um 2,5 Prozent niedriger ausgefallen sei als im März. Dies ist der vierte Rückgang in Folge. Besonders schwach waren die Bestellungen aus dem Inland und es standen deutlich weniger Investitionsgüter auf der Wunschliste der Unternehmen.

Wirtschaftsministerium erwartet ruhigeren Verlauf

"Damit zeichnet sich immer mehr ab, dass die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal nur moderat zugelegt hat", schreibt Ralph Solveen von der Commerzbank in einer ersten Reaktion.

Die Industriekonjunktur werde vermutlich zunächst etwas ruhiger verlaufen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Das Ministerium wies aber auch darauf hin, dass die April-Zahlen aufgrund eines Brückentags nach unten verzerrt sein dürften, da dieses Jahr der 1. Mai auf einen Dienstag gefallen sei.

Ökonomen betrachten die Entwicklung dennoch mit Skepsis. "Der Rückgang der Produktion vertieft die Sorgenfalten in der deutschen Industrie, zumal auch die Neubestellungen sinken", teilte Sophia Krietenbrink vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit.

Insgesamt habe sich die Industriekonjunktur merklich abgekühlt. Die Verunsicherung durch die globale Handelspolitik sei offenbar groß. "In der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage nennen 36 Prozent der Industrieunternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen - national wie international - als Risiko für ihre Geschäfte", sagte sie.

Ökonom sieht keine nachhaltige Wachstumsschwäche

 

Die Ursache für die Konjunkturdelle sieht Jack Allen, Experte beim Londoner Analysehaus Capital Economics, neben der Furcht vor Strafzöllen auch in dem bereits seit Anfang 2017 deutlichen Anstieg des Eurokurses - ein Effekt, der allerdings seit Mitte April wieder deutlich rückläufig ist. Eine starke Währung verteuert die heimischen Produkte auf dem Weltmarkt und kann dadurch der Exportwirtschaft schaden.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, sieht in den jüngsten Zahlen eine "herbe Schlappe". Es sei im ersten Halbjahr von einem ausgeprägten Durchhänger auszugehen. Allerdings erwartet er keine nachhaltige Wachstumsschwäche. "Das weltwirtschaftliche Klima bleibt günstig, und der private Konsum in Verbindung mit einer ohnehin gut laufenden Bauwirtschaft spricht wieder für etwas mehr Schwung im zweiten Halbjahr", hieß es.

spiegel


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