Johnson rechnet mit Verhandlungs-"Kollaps"

  08 Juni 2018    Gelesen: 670
Johnson rechnet mit Verhandlungs-"Kollaps"

Fettnäpfen sind kein unbekanntes Territorium für Boris Johnson. In einem vermeintlich privaten Gespräch mit Gleichgesinnten zieht der Außenminister wieder vom Leder. Die Aufzeichnung enthüllt brisante Ansichten unter anderem zu den Brexit-Verhandlungen.

In einem heimlich aufgezeichneten Gespräch mit konservativen Abgeordneten prophezeit Großbritanniens Außenminister Boris Johnson eine Wende in den Brexit-Verhandlungen. In der Aufnahme, die der "Times" und dem Portal "Buzzfeed" vorliegt, äußert der Wortführer der Brexit-Kampagne von 2016 zudem seine Bewunderung für die Verhandlungsfähigkeiten von US-Präsident Donald Trump. Die Vorstellung, dass dieser die Brexit-Verhandlungen führe, sei ein "sehr, sehr guter Gedanke".

Johnson rechnet nach eigenen Worten damit, dass Premierministerin Theresa May ihre Position in den stockenden Verhandlungen mit Brüssel verschärfen werde. "Sie müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es jetzt einen Kollaps (der Verhandlungen) geben könnte. Okay? Ich will nicht, dass irgendjemand in Panik gerät während dieses Kollapses", appelliert Johnson an seine Zuhörer. "Am Ende wird alles gut werden."

Johnson war am vergangenen Mittwoch der Star-Redner beim Empfang der Gruppe "Konservativer Weg vorwärts". Bei einem Essen mit 20 ausgewählten Tory-Abgeordneten im Anschluss gibt der für seine ungeschminkten Äußerungen berüchtigte Minister einen selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich offenen Einblick in seine Ansichten.

Nordirischer "Schwanz wedelt mit dem Hund"


Wie Johnson sich die Brexit-Verhandlungsführung vorstellt, macht er am Beispiel Trumps deutlich, den er "zunehmend bewundere": "Er würde verdammt hart hineingehen (in die Verhandlungen). Es würde alle möglichen Zusammenbrüche geben, alle möglichen Arten von Chaos. Jeder würde denken, er sei verrückt geworden. Aber tatsächlich würde man vielleicht etwas erreichen."  

Sorgen innerhalb und außerhalb seiner eigenen Regierung, dass Großbritannien bei Vollzug des EU-Austritts ohne Abkommen mit der Gemeinschaft dastehen und in eine Krise geraten könnte, teilt Johnson nicht. Untergangsszenarien seien "absoluter Blödsinn", vergleichbar mit den Warnungen vor dem Jahreswechsel 2000, als befürchtet worden sei, dass "die ganzen Flugzeuge vom Himmel fallen".

Innenpolitischen Sprengstoff dürften auch Johnsons Äußerungen zu Nordirland bilden. Für die Frage, wie die Grenze zwischen der Republik Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland geregelt wird, zeichnet sich in den Verhandlungen bislang keinerlei Lösung ab. Die EU will eine "harte" Grenze auf der Insel vermeiden. Doch dazu müsste entweder Großbritannien als Ganzes in der Zollunion mit der EU bleiben oder Nordirland allein - was dann eine Zollgrenze zwischen diesem Landesteil und dem Rest des Vereinigten Königreichs zur Folge hätte. Für London sind alle diese Ideen inakzeptabel. Konkrete britische Lösungsvorschläge dazu gibt es bislang aber nicht.

Johnson erklärt gegenüber seinen konservativen Parteifreunden Nordirland schlicht für irrelevant. "Es ist so klein, und es gibt so wenig Firmen, die diese Grenze überhaupt benutzen", führt der Minister aus. Es sei "unglaublich, dass wir dem Schwanz erlauben, auf diese Weise mit dem Hund zu wedeln".  

Quelle: n-tv.de


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