Kritik an "Rückruf-Show"

  12 Juni 2018    Gelesen: 977
Kritik an "Rückruf-Show"

Der angekündigte Pflichtrückruf für 238.000 Diesel-Pkw von Daimler geht der Opposition nicht weit genug. Grüne und Linke forderten ein härteres Durchgreifen des Verkehrsministers gegen die Autokonzerne.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat die Rückrufaktion von Diesel-Fahrzeugen beim Autobauer Daimler als "Rückruf-Show" von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kritisiert. Dabei dürfe es nicht bleiben, sagte Hofreiter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nötig sei "eine andere Verkehrspolitik - und dazu gehören auch Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autoindustrie, die Einführung einer blauen Plakette und Rückenwind für den öffentlichen Personennahverkehr."

Software-Updates seien nur kosmetische Reparaturen und zudem die kostengünstigste Lösung für die Autoindustrie, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei, Ingrid Remmers, und fragte, wo die strafrechtlichen Konsequenzen für die Autoindustrie aus dem fortwährenden Dieselskandal blieben.

Trotz ständiger Enthüllungen beim Abgasskandal zeige sich die Bundesregierung als Schutzengel der Autoindustrie. Remmers forderte Bußgelder und verpflichtende Nachrüstungen am Motor. "Die Zukunft der Schlüsselindustrie der deutschen Wirtschaft und damit Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel", sagte sie.

"Hinter die Fichte geführt"

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer warf Scheuer Gutgläubigkeit vor. Daimler-Chef Dieter Zetsche habe ihn "genau wie seinen Vorgänger hinter die Fichte geführt", sagte er mit Blick auf Alexander Dobrindt, zu dessen Amtszeit der Skandal um manipulierte Abgasreinigungen in Dieselautos bekannt wurde.

Daimler wurde im Streit über Abschalteinrichtungen bei Diesel-Autos zu einem weiteren umfangreichen Rückruf von Mercedes-Modellen verpflichtet. Der Bund werde für deutschlandweit 238.000 Fahrzeuge wegen "unzulässiger Abschalteinrichtungen" unverzüglich einen amtlichen Rückruf anordnen, erklärte Verkehrsminister Scheuer nach einem Treffen mit Daimler-Chef Zetsche.

Daimler kooperiert, legt aber Widerspruch ein

In Europa seien insgesamt 774.000 Mercedes-Fahrzeuge betroffen - neben dem schon zurückgerufenen Transporter Vito auch C-Klasse-Modelle und der Geländewagen GLC. Daimler habe zugesagt, kooperativ mit dem Kraftfahrt-Bundesamt schnellstmöglich die beanstandeten Funktionen zu beseitigen.

Gleichzeitig kündigte Daimler jedoch erneut an, gegen den Rückruf Widerspruch einzulegen. "Offene Rechtsfragen werden noch im Widerspruchsverfahren geklärt", teilte das Unternehmen mit. Man habe keine illegalen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung verwendet.

Kein Ordnungsgeld für Daimler

Nach Angaben von Zetsche muss Daimler für die zum Rückruf beorderten Wagen keine Ordnungsstrafe zahlen. Minister Scheuer hatte im Vorfeld ein Ordnungsgeld von 5000 Euro pro Fahrzeug angedroht.

Der Autobauer werde sich jetzt unverzüglich um die Software kümmern, mit der die Diesel-Pkw die Stickoxid-Grenzwerte einhalten sollen, so der Daimler-Chef. Die rechtliche Frage, ob es sich bei den vom Kraftfahrt-Bundesamt beanstandeten Funktionen um eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung handelt oder nicht, werde in dem angekündigten Widerspruchsverfahren noch geklärt.

Sorge bei Daimler-Beschäftigten

Unter den Daimler-Beschäftigten sorgen die Diesel-Vorwürfe laut Betriebsrat zunehmend für Unruhe. "Ihre größte Sorge ist, dass rund um das Thema Abgas noch viel mehr auf den Tisch kommen könnte als bisher bekannt", sagte der Betriebsratsvorsitzende des Motorenwerks in Untertürkheim, Wolfgang Nieke, den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung".


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