Bei dem in Köln festgenommenen Tunesier sind 3150 Rizinussamen gefunden worden - mehr als dreimal so viele wie zunächst vermutet. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, hatte der in der vergangenen Woche festgenommene 29-Jährige 84,3 Milligramm hochgiftiges Rizin hergestellt. Zudem fanden sich in seiner Wohnung 250 Metallkugeln, acetonhaltiger Nagellackentferner, Drähte mit aufgelöteten Glühbirnen sowie 950 Gramm eines grauen Pulvers - eine Mischung aus Aluminiumpulver und pyrotechnischen Substanzen aus Feuerwerkskörpern.
Nach bisherigen Erkenntnissen könnte der Tunesier dementsprechend die Herstellung eines Sprengsatzes erwogen haben. Rizin kann schon in kleinsten Mengen tödlich wirken und gilt als potenzieller biologischer Kampfstoff.
Der 29-Jährige soll überdies in Kontakt zu "Personen aus dem radikal-islamistischen Spektrum" gestanden haben. Der Inhalt ihrer Kommunikation ist der Bundesanwaltschaft zufolge Gegenstand der laufenden Ermittlungen. "Es liegen bislang keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte Mitglied einer terroristischen Vereinigung war", erklärte die Behörde. Ob seine Kontaktpersonen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung waren, werde derzeit untersucht.
Sief Allah H. wollte nach Syrien
Der 29-Jährige, der vor einer Woche nach dem Giftfund verhaftet worden war, habe zweimal vergeblich versucht, über die Türkei nach Syrien - mutmaßlich zur Terrormiliz Islamischen Staat (IS) - auszureisen. Die Behörde verdächtigt Sief Allah H., biologische Waffen hergestellt und damit gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben. Außerdem sieht sie einen "Anfangsverdacht für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat." Die Ermittlungen legten nahe, "dass der Beschuldigte erwogen hat, einen Sprengsatz herzustellen", schilderte die Bundesanwaltschaft.
"Hier gab es schon ganz konkrete Vorbereitungen zu einer solchen Tat, mit einer, wenn Sie so wollen, Bio-Bombe. Und das ist schon ein in Deutschland einmaliger Vorgang" sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, dem RBB-Inforadio. "Die Verhinderung eines möglichen Anschlags ist ein Erfolg der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene", sagte Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesverfassungsschutzes.
Anleitungen aus dem Internet
Laut RBB hatte ein ausländischer Partnerdienst dem Verfassungsschutz gemeldet, dass der Tunesier im Internet Bestandteile zum Bau eines Sprengsatzes geordert hatte. "Es gibt entsprechende Anleitungen dazu, auch von islamistischen Organisationen im Internet, wie man so etwas tut. Daran hat sich diese Person offensichtlich auch orientiert", erläuterte Münch.
"Welches konkrete Tatziel in den Blick genommen wurde, das wissen wir noch nicht", sagte BKA-Präsident Münch. Auch die Frage, ob es Verbindungspersonen oder Mittäter gab, sei noch offen. Sorge bereiten dem BKA die hohe Zahl von radikalisierten Einzelpersonen, die es im Auge zu behalten gelte. Aktuell seien 770 Personen als Gefährder eingestuft.
Der Verdächtige soll bereits früher in Tunesien in Islamisten-Kreisen verkehrt haben. Nach Deutschland kam der Ehemann einer Deutschen über den Familiennachzug. Laut Verfassungsschutz hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Rizin experimentiert, das im Irak und an der irakisch-syrischen Grenze gefunden wurde.
Quelle: n-tv.de
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