“Sie wollten mich zum Henker machen”

  27 Juni 2018    Gelesen: 1637
“Sie wollten mich zum Henker machen”

Der Gegenaufklärungsdienst des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) bildet illegale Sondergruppen. Zu ihren Aufgaben gehören Morde und Einschüchterungen von Regimegegnern. Präsident Petro Poroschenko weiß von den „Todesschwadronen“.

Dem Militärinstrukteur und ehemaligen stellvertretenden Leiter eines Übungslagers des Regiments „Asow“ Sergej Sanowski wurde vorgeschlagen, die Leitung einer dieser Gruppen zu übernehmen. Nachdem er diesen Vorschlag abgelehnt hatte, wurde er vom SBU entführt und gefoltert und musste aus dem Land fliehen. Ein Korrespondent von RIA Novosti entdeckte Sanowski in Myanmar. Jetzt hat er politisches Asyl in Schweden beantragt.

„Einfacher Maidan-Held“
Sergej Sanowski ist ein Berufssoldat, das ist eine Familientradition. Vor 2014 diente er bei den Sicherheitseinheiten der Innentruppen als Kommandeur einer Aufklärungseinheit und als Scharfschützen-Instrukteur. Dann wurde er vom Militär entlassen. Er nahm an Maidan-Protesten teil. „Das war wie ein Atemzug frische Luft. Es schien, dass das Land tatsächlich verbessert werden kann“, sagt Sanowski.

Während der Maidan-Aktionen in Kiew versteckte Sanowski zusammen mit einem Kameraden neun Menschen in einem Flur vor Berkut-Kämpfern. Als er sie danach an einen sicheren Ort bringen wollte, wurde er von Berkut-Kämpfern  stark verprügelt – ihm wurden der Kiefer gebrochen und Zähne ausgeschlagen. Sanowski lag zwei Tage bewusstlos. Danach  wurde er mehrere Male operiert. In den ukrainischen Medien wurde er dann pathetisch als „einfacher Maidan-Held“ gerühmt.

Als er das Krankenhaus verließ, trat er in den Asow-Einheiten in den Dienst. Den Kern des Bataillons und später des Regimentes bildeten radikale Nationalisten und Neonazis. Sergej neigt kaum zur rechten Ideologie (er bezeichnet seine Ansichten als etwas zwischen Liberalismus und Sozialismus), dafür aber hatte er Kampferfahrung. Bei Asow leitete er zunächst eine Diversions- und Aufklärungsgruppe und wurde dann zum stellvertretenden Chef eines Übungsregiments.

„Ich habe dieses Lager beinahe von Null an aufgebaut. Das erste Programm für die Asow-Neulinge wurde auch von mir geschrieben“, sagte Sanowski.

Im November 2014 machte ein Offizier einer mechanisierten Brigade der ukrainischen Streitkräfte, die an der so genannten Antiterroroperation teilnahm, Sanowski mit Andrej Lissogor bekannt. Lissogor stellte sich als inoffizieller Stellvertreter und Vertrauter des Chefs der gesellschaftlichen Organisation „Offizierskorps“ von Wladimir Ruban vor, die sich mit dem Gefangenenaustausch befasste.

Sergej wurde empfohlen, sich gerade an Lissogor zu wenden, weil dieser unter der Schirmherrschaft der SBU-Führung arbeiten würde und viele Fragen lösen könne.

Lissogor führte auch Seminare und Trainings für Teilnehmer der „Antiterroroperation“, Kämpfer der Nationalgarde und Streitkräfte, Fahnder und Agenten der SBU durch. Diese Veranstaltungen waren sehr spezifisch. So gab es neben den Schießübungen und Messerkampf ausführliche Berichte darüber, wie man Menschen fesseln, foltern und würgen soll.

Sanowski und Lissogor hatten mehr oder weniger vertrauliche Beziehungen. „Ich nahm an seinen Trainings teil, führte auch selbst Schießübungen und Ausbildung für die taktische Vorbereitung für die Nationalgarde durch“, erzählt Sergej.

sputniknews


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