Die Erklärung des Pentagon-Chefs fiel mit dem Auftakt einer großen Marineübung der Nato unweit der norwegischen Küste zusammen. Vom 25. Juni bis 6. Juli findet das Manöver „Dynamic Mongoose“ in der Barentssee statt. Damit erst gar keine Zweifel aufkommen, gegen wen sich diese Veranstaltung richtet, sagte der Generalstabschef der US-Marine, John Richardson, deutlich: Dynamic Mongoose sei ein „starkes Signal“ an Russland.
Die Aufregung und die offensichtliche Sorge des amerikanischen Militärs wegen der russischen Regsamkeit in der arktischen Region sind an sich nachvollziehbar. Denn die Aussichten der USA, Russland in dieser Gegend einzuholen, werden von Jahr zu Jahr trüber.
Just vor dem Beginn des Nato-Manövers vor der norwegischen Küsteist die größte Ausfahrt der russischen Nordmeerflotte der letzten zehn Jahre zu Ende gegangen: 36 Kampfschiffe, U-Boote und Versorger, rund 20 Flugzeuge und über 150 Kampf- und Spezialfahrzeuge an Land waren an dem Großmanöver beteiligt. Vor einem solchen Hintergrund rufen die Ambitionen der USA in der Arktis nichts als ein mildes Lächeln hervor – erst recht, wenn man die vielen technischen Schwierigkeiten der US-Truppen in der Arktis berücksichtigt: Begonnen bei den Problemen mit den Kälteschutzanzügen bis zu dem katastrophalen Mangel an Eisbrechern.
Dass die arktische Region in den politischen, wirtschaftlichen und infolgedessen auch militärischen Interessenlagen des 21. Jahrhunderts eine Schlüsselrolle spielt, ist keine überraschende neue Erkenntnis. Die Weltmächte konkurrieren erbittert um die geostrategisch relevante Arktis und ihre Rohstoffe. Russland ist es dabei gelungen, nach vorne zu stürmen, während die Welthegemonialmacht in diesem Wettkampf zusehends erblasst.
Die Erklärung dafür ist in der wirtschaftlichen Dimension der Gemengelage zu suchen. Denn die Arktis weist in allen möglichen Bereichen ein ungeheures Potential auf – seien es Rohstoffvorkommen oder Handelswege. Russlands ureigener Vorteil besteht darin, dass sein Weg von potentiellem Nutzen zu konkreten, heute schon lukrativen Projekten ein kürzerer war als bei den meisten seiner Konkurrenten (unseren Vorfahren ist dafür zu danken, dass sie vor mehreren Jahrhunderten mit der Erschließung dieser Region begannen).
Natürlich mussten die Mittel und Methoden der Arktis-Erschließung angesichts heutiger Möglichkeiten neugedacht werden. Eben deshalb ist der Umweltschutz in dieser Region eine so wichtige Komponente geworden. Im Mittelpunkt steht aber zweifelsfrei die Wirtschaft – angefangen bei der Entwicklung der Nordostpassage mit ihren einzigartigen logistischen Möglichkeiten bis hin zu neuen Projekten zur Förderung und Lieferung von Rohstoffen an den Verbraucher. Daran schließt sich alles Weitere an. Sei es der Bau der russischen Eisbrecher-Flotte oder die Militärkomponente, die unsere Nato-Partner so sehr beunruhigt.
Dabei muss ein besonderer Umstand berücksichtigt werden: Seit einigen Jahren müssen ausnahmslos alle Länder mit sehr knappen Mitteln wirtschaften, weshalb jedes Mal nur sorgfältig ausgewählte Projekte finanziert werden. Freies Überschusskapital steht niemandem zur Verfügung, auch den USA nicht. Deshalb geht das Verständnis der US-Führung für die heutige und künftige Bedeutung der Arktis meistens nicht über bloßes Theoretisieren hinaus und daher werden die US-Projekte in der Region meist nur nach dem Restprinzip finanziert. Ihnen werden die Mittel zur Verfügung gestellt, die nach der Verteilung auf andere Vorhaben übrigbleiben.
Für Russland aber ist die Arktis ein objektiv wichtiges Gebiet, welches dem Land heute schon enormen Nutzen bringt. Dementsprechend werden die russischen Projekte in diesem Bereich nach dem Grundsatz finanziert: „Alle anderen können warten, dafür aber muss das Geld da sein“. Die Ergebnisse dieses Ansatzes können tagtäglich beobachtet werden. In den russischen Medien ist das Arktis-Thema vielleicht nicht gerade dominierend, aber dafür permanent vertreten. In den USA hingegen werden „Arctic-News“ meistens nur gebracht, wenn ein hochrangiger Funktionär des Pentagons wieder einmal ein „starkes Signal“ an Russland senden möchte. Unseretwegen können sie ruhig so weitermachen.
sputnik.de
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