Die Golanhöhen – gegenwärtig eine der am stärksten umkämpften Regionen im Syrien-Konflikt – sollen zu einer echten Deeskalationszone werden. Dadurch würde Ruhe in der wichtigen Grenzregion zwischen Syrien und Israel einkehren und die Sicherheit des Staates Israel dauerhaft gewährleistet werden können, sagte der russische Präsiden Waldimir Putin auf der gemeinsamen Konferenz mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Donald Trump.
Um dies zu ermöglichen, muss man laut dem russischen Präsidenten zu einer Sachlage zurückkommen, wie sie vor dem Ausbruch des Nahostkonflikts gegeben war: „Die Situation auf den Golanhöhen muss wieder dahin gebracht werden, dass sie dem Abkommen von 1974 über die Entflechtung von israelischen und syrischen Streitkräften entspricht“, sagte Putin. Auch US-Präsident Trump und Israels Premierminister Netanjahu haben ihre Bereitschaft demonstriert, diesem Abkommen die Treue zu halten.
Das besagte Abkommen von 1974 ist vereinbart worden, nachdem Israel die Golanhöhen 1967 nach dem Sechstagekrieg besetzt hatte. Die ehemalige UdSSR – damals ein Verbündeter Syriens – und die Vereinigten Staaten wirkten als Garanten des Friedensprozesses an dem Abkommen mit.
Das Dokument sieht einen Waffenstillstand und die Entflechtung der verfeindeten Truppen vor. Die Umsetzung des Abkommens kontrollierte eine UN-Mission, die in einer Pufferzone zwischen den beiden Staaten eingesetzt war. Solange die Lage in Syrien stabil blieb, war es auch auf den Golanhöhen verhältnismäßig ruhig. Seit dem Ausbruch des Syrien-Kriegs wird die Pufferzone jedoch beschossen, weshalb die UN-Friedensmission das Gebiet längst verlassen hat.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat den Vorschlag des russischen Präsidenten begrüßt: „Ich schätze die Worte von Präsident Putin über die Bedeutsamkeit der Einhaltung der Bestimmungen des Entflechtungsabkommens zwischen Israel und Syrien hoch ein“, sagte der israelische Regierungschef.
Abzug nur in Frieden – wenn Damaskus will
Die Golanhöhen sind ein strategischer Punkt, „für Israel ist das ein Sicherheitsposten“, sagt der Israel-Experte Dmitri Marjasis vom Institut für Nahoststudien der Russischen Akademie der Wissenschaften. „In der Zeit von Hafiz und Baschar al-Assad bis zum Ausbruch des Syrien-Konflikts war das ein ruhiger Ort – und das obwohl es keinen Friedensvertrag zwischen Syrien und Israel gibt“, so der Experte.
Heute sind in diesem einstmals ruhigen Gebiet islamistische Terrorbanden aktiv. Auch ist die humanitäre Lage in dieser Region schwierig, jedoch arbeitet auch Israel an der Lösung des Problems mit: Das Land hilft syrischen Flüchtlingen, die sich vor dem Krieg in ihrer Heimat über die Grenze retten.
Gegen die Islamisten kämpfen auf den Golanhöhen sowohl die syrischen Regierungstruppen als auch iranische Verbände gemeinsam mit deren Verbündeten aus der Hisbollah. Die iranischen Einheiten, die aufseiten der syrischen Regierung stehen, beabsichtigen, sich dauerhaft in Syrien festzusetzen, um künftig Druck auf Israel ausüben zu können. Israel besteht indes auf dem vollständigen Abzug aller iranischen Kräfte aus dem Nachbarland.
Diese Forderung sei gegenwärtig schwer umzusetzen, sagen Analysten, doch könnten die Golanhöhen zu einer von iranischer Präsenz freien Zone erklärt werden – vorausgesetzt, in der Grenzregion würde Frieden durchgesetzt. Die israelischen Verantwortlichen geben ihrerseits zu verstehen, ihr Land sei bei einem Abzug iranischer Truppen vom syrischen Gebiet dazu bereit, sich mit der Machtstellung Baschar Assads abzufinden und mit ihm hinsichtlich der Stabilität in der Region zusammenzuarbeiten. Auch die Trump-Regierung fordert – anders als das Kabinett des Vorgängers Barack Obama – keine Absetzung des syrischen Präsidenten.
Zu erreichen, dass der Iran seine Truppen aus Syrien vollständig abzieht, ist sehr schwer, zumal der Krieg in diesem Land noch nicht beendet ist. Russland hat dabei keine anderen Hebel in der Hand, als mit dem Iran diesbezüglich zu verhandeln. Das letzte Wort hat hierbei immer noch der syrische Präsident Baschar Assad, weil die iranischen Truppen sich kraft seiner offiziellen Erlaubnis in Syrien aufhalten.
Dass der Abzug iranischer Kräfte theoretisch möglich sei, erklärte der ehemalige Außenminister des Irans und heutige Berater des iranischen Staatschefs, Ali Akbar Velayati, nach seinem jüngsten Arbeitsbesuch in Moskau:
„Die Präsenz des Irans und Russlands in Syrien wird unverändert bleiben, um das Land vor Terroristen und der US-Aggression zu schützen“, sagte er. Aber: „Wir gehen sofort, wenn Bagdad und Damaskus uns darum bitten – und nicht auf Druck Israels oder der USA“, so der Berater.
Die Stellung Baschar Assads ist im letzten Jahr erheblich stärker geworden, nicht zuletzt dank den russischen Truppen. Wie sich das Verhältnis zwischen Syrien und dem Nachbarland Iran nach dem Ende des Konflikts gestalten wird, ist derzeit aber noch unklar. Letztlich könnte der iranische Einfluss nicht nur für Israel, sondern für Syrien selbst zu einer Bedrohung werden, warnen Analysten.
Eine massive militärische Präsenz benötige Teheran in Syrien jedenfalls nicht, sagt der Nahost-Experte Juri Barmin von der Moskauer Denkfabrik „Russian International Affairs Council“. Sein Argument: „Die Iraner haben ja einen Selbsterhaltungstrieb.“ Wichtiger, als die eigene Armee in Syrien stationiert zu haben, sei es für die Iraner, „eine strategische Kontrolle über Damaskus zu haben“, sagt der Analyst. Deshalb würde Teheran in jedem Fall in Syrien bleiben, aber nicht als eigenständige Truppe, sondern „nur als Teil syrischer Verbände“.
Dennoch: Wie die künftigen Machtverhältnisse aussehen werden, sei gegenwärtig schwer zu sagen, erklärt der Israel-Experte Marjasis von der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Wenn nach der Regulierung eine stabile Macht in Syrien etabliert ist, dann kann man über das Abkommen von 1974 sprechen. Im konkreten Konflikt um die Golanhöhen fehlt heute ja die zweite Seite, nämlich Syrien. Das Land hat heute genug andere Sorgen.“
sputniknews
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