NFL und Los Angeles: Angst vor dem letzten Heimspiel
Das verbindet die Anhänger der Raiders mit ihren traditionellen Rivalen aus Südkalifornien, den Chargers. Denn auch in San Diego hatten die Anhänger am vorigen Wochenende nach dem letzten Heimspiel Abschied von ihrem Team genommen, ohne zu wissen, ob die Chargers in der kommenden Saison überhaupt noch in der Stadt beheimatet sein werden.
Der Grund: Die Besitzer der Raiders und der Chargers wollen beide gerne nach Los Angeles umziehen. In Carson, einem Vorort von L.A., wollen sie gemeinsam ein neues Stadion für rund 1,5 Milliarden Euro bauen, das zukünftig beide Teams beherbergen soll.
Derartige Umzüge sind durch das Franchise-System im amerikanischen Profisport möglich, bei dem Teambesitzer Lizenzen für den Spielbetrieb einer Mannschaft erwerben, aber nicht an einen bestimmten Spielort gebunden sind. 1994 hatten die damaligen Los Angeles Raiders und die Los Angeles Rams die Metropole gleichzeitig verlassen. Die Raiders spielen seither in Oakland, die Rams in St. Louis. Seit 21 Jahren hat die zweitgrößte Stadt der USA kein NFL-Team mehr.
Auf den ersten Blick ist das kaum zu verstehen: Los Angeles, in dessen Metropolregion 13 Millionen Menschen leben, bietet viel bessere Einnahmequellen als Provinzstädte wie Cincinnati, Buffalo, Tampa oder St. Louis. Doch seit 1994 bekommen die Football-Freunde in der Stadt nur College-Spiele der beiden großen Universitäten UCLA und USC zu sehen. Beide haben im Schnitt mehr als 70.000 Fans bei jedem Heimspiel.
Währenddessen benutzten Teambesitzer in allen Teilen der USA die Drohung, nach Los Angeles umzusiedeln, immer wieder, um an ihren bestehenden Standorten Konzessionen der Politik und den Bau neuer Stadien durchzusetzen. Kaum ließ ein NFL-Team "prüfen", wie es mit einem Umzug nach Südkalifornien aussähe, genehmigte der Stadtrat meist doch noch die zuvor abgelehnten Millionen für einen Neubau.
Selbst verarmte Städte wie Cincinnati oder Cleveland in Ohio machten Hunderte Millionen an Steuergeldern locker, um neue Stadien zu bauen. Die Angst vor dem Verlust ihrer Aushängeschilder war in diesen Städten zu groß. In Los Angeles liegen die Prioritäten etwas anders, weshalb der frühere Raiders-Spieler Howie Long noch 2014 mit der Vermutung zitiert wurde, es werde eher ein NFL-Team in London geben als in Los Angeles.
Jetzt aber scheinen sich die Pläne, eine oder zwei Mannschaften nach L.A. zu holen, zu verdichten. Neben dem Carson-Plan, der die Raiders und die Chargers aus ihren Heimatstädten reißen könnte, arbeitet nämlich auch noch Stan Kroenke, Besitzer der St. Louis Rams, an einem Stadionprojekt in Los Angeles. Dem verschwiegenen Multimilliardär gehört auch die Mehrheit am FC Arsenal, dem NBA-Team Denver Nuggets und Colorado Avalanche in der NHL.
"Silent Stan" hat sein Vermögen mit Immobilien-Entwicklung gemacht. Seine Frau Ann Walton Kroenke ist Erbin des Walmart-Einzelhandelskonzerns. Auf einem Grundstück in Inglewood bei Los Angeles, auf dem Walmart eigentlich ein Einkaufszentrum bauen wollte, ist von Kroenke jetzt ein großes neues Stadionprojekt geplant. Bis 2018 soll die Spielstätte bezugsfertig sein, die den Titel "City of Champions Stadium" trägt. Die örtliche Politik hat den Plan bereits abgesegnet.
Als Reaktion darauf hat sich inzwischen allerdings die Stadt St. Louis bereit erklärt, mehr als eine Milliarde Dollar für den Bau eines neuen Stadions zu investieren, um die Rams von einem Umzug abzuhalten. Entschieden ist noch nichts. Aber die Fans in Oakland, San Diego und St. Louis haben alle das letzte Heimspiel dieser Saison gesehen, ohne zu wissen, ob ihr Team im neuen Jahr verschwunden sein wird.