Im Handelsstreit zwischen den USA und der EU sind die angedrohten Autozölle nach einem Treffen von Präsident Donald Trump und Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorerst vom Tisch. Die beiden Politiker einigten sich im Weißen Haus überraschend darauf, konkrete Gespräche über einen Abbau von Handelsbarrieren aufzunehmen. Die Europäer sollen sich außerdem verpflichten, mehr Soja und Flüssiggas zu importieren. "Das ist ein großer Tag für den freien und fairen Handel", sagte Trump bei einem gemeinsamen Auftritt der Politiker im Rosengarten des Weißen Hauses vor Reportern. Juncker erklärte, er habe mit Trump vereinbart, keine neuen Zölle zu erheben, solange es Verhandlungen gebe. Die Wall Street reagierte auf die Entwicklungen mit Kursgewinnen. Die deutsche Industrie zeigte sich skeptisch.
Vor dem Treffen hatten beide Seiten die Erwartungen noch tiefgehängt, so dass nicht mit einem Durchbruch gerechnet wurde. Vor allem deutsche Autobauer wären von einer Eskalation des Handelsstreits betroffen, weil sie so viele Fahrzeuge in die USA liefern wie aus keinem anderen EU-Staat. Trump hatte mit einem Sonderaufschlag von 25 Prozent auf die Einfuhren gedroht. Juncker erklärte nun, die US-Seite habe das "wichtige Zugeständnis" gemacht, während der Verhandlungen die Zölle auf Autos und Autoteile nicht zu erhöhen. Er gehe nun davon aus, dass Trump seine Zusage einhalte.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lobte Juncker und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Beide hätten "großartig" verhandelt, schrieb er auf Twitter. "Zölle runter, nicht rauf!" Der freie Handel und Millionen Jobs seien gesichert. Juncker sagte nach dem Gespräch: "Es war ein gutes und konstruktives Treffen."
"Soja ist eine große Sache"
Beide Seiten einigten sich Trump zufolge darauf, Handelsbarrieren abzubauen. "Wir beginnen jetzt mit den Verhandlungen, aber wir wissen genau, in welche Richtung sie gehen." Geplant ist nach seinen Worten, bei Industriegütern abgesehen von Autos alle Zölle sowie andere Barrieren und Subventionen abzuschaffen. Zudem solle der Handel in den Bereichen Dienstleistungen, Chemie, Pharma, Medizinprodukte und Soja vertieft werden."Soja ist eine große Sache", sagte Trump." Und die Europäische Union beginnt fast sofort damit, eine Menge Sojabohnen zu kaufen", sagte der US-Präsident vor Journalisten. Handelsminister Wilbur Ross stellte später klar, der Handel mit allen Agrarprodukten sei Teil der Verhandlungen. "Es geht um mehr, als um Sojabohnen", sagte er dem Sender Fox News.
Wegen des Handelsstreits zwischen Trump und der chinesischen Regierung fürchten viele US-Bauern um Ausfälle bei Sojabohnen, die vor allem für die Tiermast eingesetzt werden. Die USA sind der wichtigste Produzent der Hülsenfrucht. Nach Trumps Angaben wird die EU auch mehr Flüssiggas (LNG) importieren. Der US-Präsident hatte Deutschland dafür kritisiert, vergleichsweise viel Erdgas von Russland zu kaufen und dafür die Pipeline Nord Stream 2 zu bauen. "Sie werden ein wichtiger Käufer von LNG", erklärte er mit Blick auf die EU.
Unerwarteter Durchbruch
Nach dem Treffen twitterte Trump, es sei ein Durchbruch gelungen, den niemand für möglich gehalten habe. Mitte Juli hatte er die EU noch als einen Feind in der Handelspolitik bezeichnet.Kurz vor dem Treffen hatten beide Seiten erklärt, sie hätten grundsätzlich Interesse daran, Zölle abzubauen. Es gab aber zunächst keine Anhaltspunkte, wie die Spirale aus zusätzlichen Abgaben und Gegenmaßnahmen durchbrochen werden könnte. So drohte Malmström zuletzt mit Zöllen auf Produkte im Volumen von 20 Milliarden Dollar im Jahr, sollte Trump wie angekündigt Autoimporte stärker belasten.
In der Wirtschaft wird der Streit aufmerksam verfolgt. Der Geschäftsklima-Index des Ifo-Instituts, der die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Firmen wiedergibt, fiel zum siebten Mal in acht Monaten. Ein wichtiger Grund ist der Konflikt mit den USA. Der Wirtschaftsverband DIHK äußerte sich am Mittwochabend zurückhaltend. "Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt", erklärte Verbandschef Eric Schweitzer. Die Autozölle seien nicht endgültig vom Tisch.
Trump zettelte den Streit an, weil er sich seit Jahrzehnten an den Defiziten seines Landes im Handel mit China und der EU stört. Europäische Vertreter argumentieren immer wieder, dass dies nur für Waren gilt, nicht aber für Dienstleistungen.
Quelle: n-tv.de
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