Es ist ein ungewöhnlicher Schritt für Zeitungen, die sonst miteinander konkurrieren: Der "Jewish Telegraph", die "Jewish Chronicle" und die "Jewish News" in Großbritannien haben mit der gleichen Titelzeile und dem gleichen Leitartikel ihre Donnerstagsausgabe aufgemacht. Die Zeile lautete: "United we stand", übersetzt: "Wir stehen zusammen". Darin erheben sie schwere Vorwürfe gegen den Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn.
Im Artikel heißt es zur Begründung, sie hätten sich wegen der existenziellen Bedrohung des jüdischen Lebens, die von einer von Corbyn geführten Regierung ausgehen würde, zu diesem Schritt entschieden. Labour sei bisher die Partei der jüdischen Gemeinde gewesen - doch deren "Werte und Integrität sind durch die corbynitische Verachtung für Israel und Juden ausgehöhlt worden."
Dem Labour-Chef und Oppositionsführer im britischen Unterhaus wurde schon öfter Antisemitismus vorgeworfen. So unterstützte er beispielsweise einen Künstler, der antisemitische Wandmalereien in London fertigte.
Corbyn sei blind für die Ängste der jüdischen Gemeinde
Kürzlich hat der Labour-Parteivorstand eine international anerkannte Definitionvon Antisemitismus, die von der "International Holocaust Rememberance Alliance" (IHRA) stammt, in Teilen abgelehnt. Die Erklärung selbst akzeptierten die Parteioberen zwar - vier der elf als antisemitisch definierten Beispiele dazu aber nicht.
Viele Labour-Abgeordnete finden die Entscheidung falsch, berichtet die Zeitung "The Guardian". So könnten Labour-Mitglieder Israels Politik mit der von Nazi-Deutschland vergleichen - nach den jetzigen Standards der Partei fiele das nicht in die Kategorie Antisemitismus.
"Es gibt eine klare und präsente Gefahr, dass ein Mann, der für die Ängste der jüdischen Community blind ist, ein Mann der nicht sieht, dass hasserfüllte Rhetorik gegenüber Israel einfach zu Antisemitismus führen kann, unser nächster Ministerpräsident wird", warnt der Leitartikel der jüdischen Zeitungen.
spiegel
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