Freispruch in Prozess um Wehrhahn-Anschlag

  31 Juli 2018    Gelesen: 933
Freispruch in Prozess um Wehrhahn-Anschlag

Vor fast zwei Jahrzehnten explodierte an einem S-Bahnhof in Düsseldorf eine Bombe. Zehn Menschen wurden verletzt. Eine Frau verlor ihr Kind. Doch die Justiz kann keinen Schuldigen finden.

Rund 18 Jahre nach dem Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn ist der Angeklagte freigesprochen worden. Das Landgericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt sah eine Schuld des als Neonazi bekannten Ralf S. nicht als erwiesen an. Bei dem Anschlag waren im Jahr 2000 zehn Sprachschüler verletzt worden. Eine junge Frau verlor ihr ungeborenes Kind, getroffen von einem Metallsplitter. Die Beweislage sei zu dürftig gewesen, in den Zeugenaussagen habe es Ungereimtheiten gegeben, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees.

"Wir haben es uns nicht leicht gemacht mit dem Urteil", betonte der Vorsitzende Richter. Doch auch die Angaben der beiden Mithäftlinge, denen der Angeklagte die Tat gestanden haben soll, seien nicht tragfähig oder glaubhaft gewesen.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer lebenslange Haft für den Angeklagten beantragt. Der 52-Jährige habe aus Fremdenhass gehandelt und sei "zweifelsfrei der Täter", hatte Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück gesagt. Er hatte zudem das Gericht kritisiert, das den 52-Jährigen bereits aus der Untersuchungshaft entlassen hat und offenbar freisprechen will. Die Kammer habe sich sehr früh entschlossen, dem Angeklagten als prahlendem, ständig lügenden "Spinner" gar nichts zu glauben.

Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert. "Die Beweisaufnahme hat den Nachweis für seine Täterschaft nicht erbracht." Der Angeklagte sei von völlig unglaubwürdigen Zeugen belastet worden. Es gebe keine Spuren von ihm am Tatort. Im Prozess hatten mehrere Zeugen frühere Aussagen zurückgenommen oder relativiert. Ihnen sei es möglicherweise zuvor bei ihren belastenderen Varianten um Hafterleichterungen oder die Belohnung gegangen, vermuteten die Verteidiger. Der 52-Jährige sei ein "Dampfplauderer und ein Dummschwätzer", aber kein hochgefährlicher Rechtsextremist mit soziopathischen Zügen, wie von der Anklage behauptet.

Sämtliche vier Nebenkläger-Anwälte hatten den Angeklagten dagegen als überführt bezeichnet: Er habe sich in mitgeschnittenen Telefonaten mehrfach verraten. Das Gesamtbild sei eindeutig und beseitige jeden Zweifel. Die Kammer sei im Begriff, "den schwersten Justizfehler in der Geschichte Düsseldorfs zu begehen", hatte Nebenklage-Vertreter Juri Rogner noch gewarnt.

Quelle: n-tv.de


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