„Höllensanktionen“ gegen Russland: Mehr Show als Strafe

  08 Auqust 2018    Gelesen: 1032
„Höllensanktionen“ gegen Russland: Mehr Show als Strafe

Wie jedes Element in der auf inszenierte Shows reduzierten US-Politik wird das Thema Russland-Sanktionen früher oder später ein eigenes erkennbares Markenzeichen erhalten. So ist Donald Trump an sich ein Markenzeichen, das zudem ein Motto hat: „Make America Great Again“.

Für die antirussischen Sanktionen wurde ein nicht weniger auffallendes und ziemlich einprägendes Markenzeichen erfunden – „Sanktionen aus der Hölle“. Der Begriff wurde vom republikanischen Senator des Bundesstaates South Carolina, Lindsey Graham, geprägt. Laut US-Medien, die Einblick in das Dokument über die Sanktionen vor seiner offiziellen Veröffentlichung hatten, behaupten, dass es völlig seine informelle Bezeichnung rechtfertigt. Analysten von Barclays verwiesen sogar auf ein „radikales“ Szenario der Umsetzung der härtesten Vorschläge, die in diesem Gesetzentwurf zu finden sind. Dazu gehört unter anderem die Einführung von Finanzeinschränkungen gegen russische Staatsbanken.

„Die radikalste Version, wobei Transaktionen mit allen russischen Staatsbanken mit Sanktionen belegt werden, würde ernsthafte Folgen für die gesamte russische Wirtschaft haben. Was könnte schmerzhafter sein als Sanktionen gegen souveräne russische Staatsschulden?“, sagte die Wirtschaftsexpertin von Barclays Capital in London, Lisa Jermolenko.

Laut Barclays zeigt der Gesetzentwurf eindeutig die Entschlossenheit, weiter zu gehen als Russland nur Schaden zuzufügen. An der Entschlossenheit der russlandfeindlichen Senatoren hat eigentlich auch früher niemand Zweifel gehabt. Die Frage war nur, inwieweit vernünftige Vertreter der US-Elite die destruktiven und für die USA schädlichen Sanktionspläne jener bremsen können, die wegen ihres Hasses gegen Russland und Trump zu allem bereit sind.

Viele glauben weniger an die Destruktivität der Sanktionen für die USA selbst, denn die unmittelbare Logik weist auf eine einfache Konstruktion hin – je schärfer Sanktionen sind, desto schlimmer ist es für Russland und weniger schädlich für die USA. Das heißt, dass die Sanktionen das beste Einflussinstrument gegen Russland sind. Wer anderer Meinung ist, ist ein „Kreml-Propagandist“. Das Problem besteht darin, dass gemäß dieser Logik beispielsweise der ehemalige US-Finanzminister Jack Lew als „Kreml-Propagandist“ bezeichnet werden könnte. Er hatte bereits unter Barack Obama den russlandfeindlichen Senatoren, die harte Strafen für Russland wegen der Krim und Syrien forderten, erklärt, dass man den Sanktionen nicht blind folgen sollte. Dabei führte er sehr pragmatische Argumente an:

„Unsere zentrale Rolle (im globalen Finanzsystem) darf nicht als etwas Selbstverständliches wahrgenommen werden. Wenn ausländische Firmen und Unternehmen spüren, dass wir Sanktionen, besonders sekundäre, ohne ausreichende Begründung und aus unangemessenen Gründen verhängen, sollten wir uns nicht wundern, dass sie nach Wegen suchen, Transaktionen in den USA bzw. in US-Dollar zu meiden. Je stärker wir die Nutzung des Dollar und unseres Finanzsystems der US-Außenpolitik unterordnen, desto höher wird das Risiko des Wechsels zu anderen Währungen und Finanzsystemen sein. Ein solcher Ausgang liegt nicht im Interesse der USA, und wir sollten uns bemühen, ihn zu vermeiden“, so Lew.

Das ist keine Kreml-Propaganda, die davor warnt, dass die Sanktionen den USA selbst schaden. Das sind Thesen des obersten Finanzexperten Obamas. Ihm war es 2016 gelungen, die vom Russland-Hass besessenen US-Politiker nach der Krim-Ohrfeige mit Argumenten zu besänftigen. Ob sein Nachfolger Steven Mnuchin dieselbe Überzeugungsarbeit leisten kann, ändert nichts am Wert seiner Argumente. Falls Washington tatsächlich einen der größten Öl- und Gasexporteure in der Welt zur Entdollarisierung zwingen will, würden die Schwierigkeiten im russischen Finanzsystem von kurzfristiger bzw. mittelfristiger Dauer sein. Dafür aber wird der Schaden für das Dollarsystem für ewig bleiben.

Gesondert sollten so genannte sekundäre Sanktionen – drohende Maßnahmen gegen europäische, chinesische und andere nichtamerikanische Firmen, die weiterhin Geschäfte mit von Sanktionen betroffenen russischen Unternehmen machen – erwähnt werden.

Nehmen wir zum Beispiel die Situation um den Iran, bei der Washington gerade auf die sekundären Sanktionen größte Hoffnungen legt. Trotz bestimmter Erfolge folgen die europäischen Länder nicht blind den USA. Die Agentur Reuters berichtete, dass Deutschland trotz des amerikanischen Drucks weiter Export- und Investitionsgarantien für iranische Projekte bereitstellen wird.

„The Wall Street Journal“ schreibt dazu: „Die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands haben dem Iran mitgeteilt, dass sie die Aktivierung der Konten der Zentralbank Irans in den Zentralbanken ihrer Länder zur Eröffnung eines Finanzkanals zur Unterstützung des Iran-Deals erörtern.”

In diesem Fall geht es um eine prinzipielle Position der Europäer, wobei es im Fall Iran nicht um die vitalen Interessen der EU, sondern eher um den Wunsch geht, eigene iranischen Investitionen zu schützen und Washington zu zeigen, dass es nicht im Alleingang die europäische Außenpolitik diktieren kann. NBC und BBC berichteten, dass die EU auf der offiziellen Ebene bereits mit Strafen gegen europäische Unternehmen droht, die die US-Sanktionen einhalten werden.

Unter diesen Bedingungen sind die Chancen nicht hoch, dass sich die EU an der finanziellen Isolierung Russlands (zum Beispiel mit dem Risiko, im Winter zu frieren) im Einklang mit den russlandfeindlichen Ambitionen einer Gruppe von US-Senatoren beteiligen wird. Zudem können einige antiamerikanisch gestimmte europäische Politiker wie Jean-Claude Juncker die mögliche Entdollarisierung der europäisch-russischen Finanzströme als Geschenk des Schicksals auffassen. Und als ein gutes Mittel, Washington die Laune zu vermiesen.

„Höllensanktionen“ sind natürlich ein effektives politisches Markenzeichen, doch ihre reale Effizienz gegenüber Moskau ist sehr zweifelhaft. Selbst westliche Analysten glauben kaum daran.

Laut einer Moody’s-Analystin ist Russland bereit, jeden Schlag der neuen möglichen US-Sanktionen abzufedern. Maßnahmen zum Abbau von Anlagen in US-Anleihen und der Dollar-Abhängigkeit machen die Wirtschaft weniger verwundbar für scharfe US-Einschränkungen.

sputniknews


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