Verdächtige im Mordfall Nemzow angeklagt

  30 Dezember 2015    Gelesen: 507
Verdächtige im Mordfall Nemzow angeklagt
Die russische Justiz hat knapp zehn Monate nach dem Mord an Regierungskritiker Nemzow Anklage gegen Verdächtige aus dem russischen Nordkaukasus erhoben. Ein Anwalt der Familie Nemzow forderte, auch im direkten Umfeld des tschetschenischen Präsidenten Kadyrow zu ermitteln.
Im Zusammenhang mit dem Mord an Regierungskritiker Boris Nemzow hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen mehrere Männer erhoben. Ihnen werde vorgeworfen, Nemzow im Februar auf einer Brücke unweit des Kreml getötet zu haben.

Die tödlichen Schüsse soll der Staatsanwaltschaft zufolge Saur Dadajew abgegeben haben. Er ist ein früherer Offizier der Sicherheitskräften von Ramsan Kadyrow, dem Präsidenten der russischen Nordkaukasusrepublik Tschetschenien.

Als einen der mutmaßlichen Geldgeber und Organisatoren des Verbrechens benannten die Ermittler den ehemaligen tschetschenischen Offizier Ruslan Muchudinow. Nach Angaben der Bürgerrechtsgruppe "Offenes Russland" kämpfte Muchudinow in einer Einheit tschetschenischer Spezialkräfte Kadyrows.

Gegen Muchudinow wird nach Angaben der Ermittler seit November international gefahndet. Der Fall Muchudinow werde abgetrennt und einzeln weiter verfolgt, sagte Wladimir Markin von der Ermittlungsbehörde. Muchudinows Verhaftung im Ausland sei "nur noch eine Frage der Zeit". Muchudinows Anwalt sagte indes, es lägen keine belastenden Beweise gegen Muchudinow vor.

Anwalt: Muchudinow ist ein Sündenbock

Nemzows Familie hatte die Ermittler gebeten, auch eine mögliche Verstrickung von Kadyrow zu untersuchen und den ranghohen tschetschenischen Polizeioffizier Ruslan Geremejew zu befragen. Muchudinow war dessen Chauffeur.

Es wird vermutet, dass sich Geremejew aus Tschetschenien abgesetzt hat. Sein Fahrer sei als Sündenbock ausgesucht worden, um die "Aufmerksamkeit von Kadyrows innerem Kreis" abzulenken, sagte der Anwalt der Nemzow-Familie, Wadim Prochorow, der Nachrichtenagentur Interfax.

Die Behörden ermitteln in dem Fall bereits gegen fünf Verdächtige, die aus den Kaukasus-Republiken Tschetschenien und Inguschetien stammen. Ihnen wurde nach russischen Agenturberichten die endgültige Anklageschrift vorgelegt. Einen mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für die Tat konnten die russischen Ermittler bislang aber nicht identifizieren. Die Ermittlungen sollen im Januar abgeschlossen werden. Der Prozess könnte im Februar beginnen.

Nemzow war am 27. Februar in Moskau in der Nähe des Kreml aus einem Auto heraus erschossen worden. Der ehemalige Vize-Ministerpräsident unter Präsident Boris Jelzin war einer der prominentesten Widersacher von Staatschef Wladimir Putin. Vor seinem Tod arbeitete Nemzow an einem Bericht über eine Beteiligung russischer Militärs am Krieg in der Ukraine. Nemzows Tod schockierte die russische Opposition. Präsident Wladimir Putin verurteilte die Tat.


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