Der ganz große Triumph bleibt Jimmie Åkesson und seinen Schwedendemokraten versagt: Mit deutlich unter 20 Prozent liegt die Partei auf Platz drei bei der Parlamentswahl. Dennoch sind die Rechtsaußen mit einem Zugewinn von fast fünf Prozentpunkten die Gewinner des Votums.
Der erwartete dramatische Rechtsruck in Schweden ist ausgeblieben, auch weil Sozialdemokraten und die konservativen Moderaten die politischen Koordinaten im Königreich mit einer restriktiveren Asylpolitik bereits vorher verschoben hatten. Dennoch verlieren beide Parteien an Zustimmung, wobei die Verluste bei den Moderaten größer sind als bei den bislang regierenden Sozialdemokraten. Die Roten sind mit einem blauen Auge davongekommen. Ihre Anhänger reagieren auf ihrer Wahlparty auch äußerst erleichtert. Ministerpräsident Stefan Löfven gibt sich selbstbewusst und verkündet, dass er im Amt bleiben wolle.
Doch das ist mitnichten entschieden. Zum einen hat Löfvens Koalitionspartner, die grüne Miljöpartiet, nur mit 4,3 Prozent mit Ach und Krach den Einzug in den Stockholmer Reichstag geschafft. Zum anderen fordert das bürgerliche Lager, die Alliansen, den Rücktritt von Regierungschef Löfven, um selber den Ministerpräsidenten stellen zu können. Ersten Zugriff hätte dann wohl Ulf Kristersson, der als Moderaten-Chef der stärksten Alliansen-Kraft vorsteht. Weder die bürgerlichen noch die Sozialdemokraten kommen mit ihren bisherigen Bündnissen auf eine Regierungsmehrheit.
Eine solche Mehrheit könnte sich Kristersson mit Hilfe der Schwedendemokraten organisieren. Seit Jahren bietet Åkesson den Moderaten eine Zusammenarbeit an, die Konservativen sind aber bislang standhaft geblieben. Kündigen sie nun den Konsens der demokratischen Parteien Schwedens auf? Das würde für Ärger im Alliansen-Lager sorgen, denn die Christdemokraten haben sich bereits am Wahlabend unter Verweis auf die nazistischen und rassistischen Wurzeln der Schwedendemokraten gegen eine Kooperation ausgesprochen.
Breite Regierungsmehrheit wichtiger denn je
Löfven versucht von links, den bürgerlichen Block aufzuweichen und bietet der grün angehauchten Zentrumspartei und auch den Liberaldemokraten die Zusammenarbeit an. Doch die Chefin der Zentrumspartei, Annie Lööf, lässt ihn abblitzen und fordert ihrerseits Löfvens Abgang als Regierungschef. Die 35-Jährige aus der Provinz Småland grenzt sich aber auch gegenüber Rechtsaußen klar ab. Sie hasst die Schwedendemokraten wie die Pest und hat diese auch im Wahlkampf nicht geschont.
So wird Schweden wohl wieder eine Minderheitsregierung bekommen. Fragt sich nur, welche? Obwohl seine Sozialdemokraten klar stärkste Kraft wurden, geht Löfven wegen eigener Verluste und des desolaten Ergebnisses seines grünen Koalitionspartners geschwächt aus der Wahl hervor. Er verantwortet das schlechteste Abschneiden der Sozialdemokraten seit Einführung des Verhältniswahlrechts in Schweden vor mehr als 100 Jahren. Gleiches gilt auch für Kristersson und seine Moderaten, die zwar zweitstärkste Kraft wurden, aber dennoch knapp unter die 20er-Marke rutschten.
Dabei wäre gerade jetzt eine Regierung mit solider Mehrheit und breiter Akzeptanz notwendiger denn je, um den Schwedendemokraten Paroli bieten zu können. Åkesson und seine Mitstreiter wissen das und stehen bereit, um nach der Macht zu greifen, sobald sich die Gelegenheit bietet. Die anstehenden Verhandlungen für eine Regierungsbildung in Schweden fordern von den Beteiligten starke Nerven. Für die Wahlsieger gleichen die Gespräche einem Mikadospiel: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.
Quelle: n-tv.de
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