Einladung zur Sicherheitskonferenz: Putin reagiert nicht auf Einladung nach Deutschland

  06 Januar 2016    Gelesen: 938
Einladung zur Sicherheitskonferenz: Putin reagiert nicht auf Einladung nach Deutschland
Wladimir Putin könnte auf der Münchner Sicherheitskonferenz seine Syrien- und Ukraine-Politik erklären. Er hätte die Bühne für einen gewohnt selbstbewussten Auftritt. Ob er kommt, ist offen.
München ist ein besonderes Pflaster für Wladimir Putin. Russlands Präsident hat schon einmal einen großen Auftritt in Bayerns Hauptstadt absolviert. Das war im Jahr 2007, Putin sprach als erstes russisches Staatsoberhaupt vor der Münchner Sicherheitskonferenz. Seine "Münchner Rede" ging in die Geschichte ein, weil der Kreml-Chef damals unverhohlen auf Konfrontationskurs ging zum Westen.

Am Rednerpult im Kaisersaal des Hotels Bayerischer Hof kam Putin schnell zur Sache, ohne "übermäßiges Höflichkeitsgetue" und "hohle diplomatische Phrasen", wie er es nannte. Er verurteilte die Nato-Osterweiterung und prangerte das "Bestreben zu monopolarer Weltherrschaft" an, das durch "ein Kraftzentrum, ein Machtzentrum, ein Entscheidungszentrum" gekennzeichnet werde. Gemeint waren die USA. Russland, das war damals die Botschaft von München, sieht sich wieder als Großmacht und fühlt sich vom Westen ungerecht behandelt.

So richtig ernst genommen habe das damals allerdings niemand, sagt Wolfgang Ischinger, heute Chef der Sicherheitskonferenz. Neun Jahre nach Putins erstem Auftritt hofft Ischinger nun auf eine Neuauflage, auf eine Art "Münchner Rede 2.0": Er hat Putin zur nächsten Tagung vom 12.-14. Februar eingeladen, der Präsident solle Gelegenheit bekommen, seine Politik in Syrien und der Ukraine zu erklären.

"Sicherheit gemeinsam mit Russland"

Ischinger war früher deutscher Botschafter in Washington und lange Chef des Planungsstabs im Auswärtigen Amt. Seit Jahren macht er sich stark für eine Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands. 2012 warb Ischinger für den Aufbau einer Raketenabwehr gemeinsam mit Moskau. "Sicherheit nicht gegen Russland, sondern gemeinsam mit Russland", lautet seine Devise. Ein Putin-Verteidiger wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder aber ist er nicht, in der Ukraine-Krise befürwortete Ischinger Waffenlieferungen sogar an die ukrainische Regierung - für Kiews Kampf gegen die von Moskau unterstützten Separatisten in der Ostukraine.

Bedenken, die Sicherheitskonferenz könnte zur Kulisse für einen Propaganda-Auftritt des Kremls werden, hat Ischinger nicht. "Im Publikum werden mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sitzen, Verteidigungsminister der halben Welt. Die werden Putin auch unangenehme Fragen stellen", so Ischinger gegenüber SPIEGEL ONLINE.

Aufrufe, Putin international zu isolieren, hält der Chef der Sicherheitskonferenz für "völlig abwegig". "Wer glaubt, eine Macht wie Russland durch Erniedrigung gefügig machen zu können, hat nichts verstanden." Zwar könne niemand garantieren, dass "Dialog zum Erfolg führt, Isolationsversuche aber werden in jedem Falle scheitern".

Münchens Sicherheitskonferenz ist eine Art Experimentierfeld transatlantischer Diplomatie. Im Jahr 2012 war die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton Gast, 2013 Obamas Vize-Präsident Joe Biden, 2015 Kanzlerin Angela Merkel. Das Teilnehmerfeld ist hochrangig, der Rahmen aber unverbindlich. Das bietet Gelegenheit für halboffizielle Kontakte am Rande des Tagungsprogramms, für vorsichtiges Vortasten auf diplomatisch schwierigem Gelände. So wurde vor drei Jahren eine hochrangige Delegation aus Teheran in München empfangen, das war der Beginn einer sukzessiven Aufwertung Irans.

"Die vergangenen Monate zeigen, der Kreml will reden"

Aus dem Kreml gibt es bislang keine offizielle Antwort auf die Einladung. Bis zum 11. Januar sind Staatsferien in Russland. Fjodor Lukjanow, Moskauer Außenpolitik-Experte und Herausgeber der Fachzeitschrift "Russia in Global Affairs" hält aber für gut möglich, dass Putin nach München reist: "Die vergangenen Monate zeigen, der Kreml will reden."

Bei einem Auftritt auf der Sicherheitskonferenz wäre Putin die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit gewiss. Er könnte die Bühne in München für weniger konfrontative Töne nutzen und eine stärkere Zusammenarbeit in Syrien anbieten: "Im Nahen Osten herrscht Chaos. Europa, Amerika und Russland haben da ähnliche Interessen", glaubt der Moskauer Außenpolitikkenner Lukjanow.

"Wenn Putin mit dem Westen im Gespräch bleiben will, bietet München ihm eine ausgezeichnete Gelegenheit, das zu zeigen - öffentlich und, vielleicht noch wichtiger, bei Gesprächen am Rande", sagt Hans-Friedrich von Ploetz, früher deutscher Botschafter bei der Nato und in Moskau. Die Wirtschaftskrise in Russland habe den Druck auf den Kreml erhöht, Hoffnungen auf Hilfe aus China hätten sich bislang nicht erfüllt.

Einen weichgespülten Auftritt könne man dennoch nicht erwarten, sollte Putin tatsächlich nach München reisen, so von Ploetz. Der Präsident werde dann Gemeinsamkeiten betonen, etwa im Kampf gegen den Terror und "selbstbewusst sprechen, also auf Augenhöhe und ganz sicher nicht auf den Knien".


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