Jetzt müssen plötzlich die Demokraten zittern

  17 Oktober 2018    Gelesen: 594
Jetzt müssen plötzlich die Demokraten zittern

Bei den Midterm-Wahlen in den USA setzt die Opposition auf einen großen Erfolg. Doch Donald Trumps Republikaner holen in einigen Umfragen auf - es könnte eng werden.

Wenn es um die Kongresswahlen am 6. November geht, kennt die Vorfreude mancher US-Demokraten kaum Grenzen. Schon malen sie sich aus, wie sie Präsident Donald Trump dann nach einem Sieg mit ihrer neuen Mehrheit im Parlament in die Zange nehmen wollen.

Natürlich werde man in der Russlandaffäre neue Untersuchungen einleiten, kündigt zum Beispiel der demokratische Abgeordnete Adam Schiff an. Auch Trumps private Immobiliengeschäfte könnten sofort von einem Ausschuss streng unter die Lupe genommen werden, seine Steuererklärungen sowieso. Ist doch klar.

Wirklich? Noch sind es gut drei Wochen, bis die US-Amerikaner einen neuen Kongress wählen. Die Demokraten können weiterhin auf einen Erfolg hoffen, die sogenannte blaue Welle ist möglich. Doch je näher der Wahltag rückt, desto mehr Anzeichen häufen sich, dass die Sache nicht unbedingt so eindeutig ausgehen muss, wie manch einer glauben mag. Plötzlich ist das Trauma der Niederlage bei der Präsidentenwahl vor zwei Jahren wieder in den Köpfen vieler Demokraten: Schafft Trump erneut einen Überraschungssieg?

Anlass zur Sorge ist für manche Strategen der Opposition vor allem die Wucht mit der Trump seinen Last-Minute-Wahlkampf bestreitet. Während den Demokraten eine klare Führungsfigur fehlt, ist der Präsident omnipräsent und wirbt ohne Unterlass für sich und seine Partei.

Wie schon im Präsidentschaftswahlkampf 2016 steuert er gezielt Wahlkreise an, in denen es viele Wechselwähler gibt und wo die Umfragedaten daher keinen eindeutigen Sieger voraussagen. So will Trump die entscheidenden Punkte für die Kongress-Kandidaten der Republikaner machen.

Zugleich führt er plötzlich auch Interviews mit TV-Sendern, die er bislang mied, CBS zum Beispiel. Es ist der Versuch, Wähler zu erreichen, die nicht in seiner konservativen Fox-News-Welt leben - und die vielleicht noch unentschlossen sind. Da prahlt Trump dann mit der Ernennung seines Richterkandidaten Brett Kavanaughund mit den guten US-Wirtschaftsdaten: "Es funktioniert: Amerika ist die Nummer eins in der Welt, mit Abstand", sagt er.

Noch ist nichts entschieden. Glaubt man jedoch den Umfragen, die zum Beispiel auf Webseiten wie "Real Clear Politics" penibel dokumentiert werden, verschiebt sich vor allem das Rennen um die Mehrheit im Senat mehr und mehr zugunsten der Republikaner. Insgesamt stehen 35 der 100 Sitze des Oberhauses zur Wahl. Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnten die Demokraten die knappe Senatsmehrheit der Republikaner in Gefahr bringen. Doch dieser Trend scheint nun - zumindest vorerst - gestoppt. In vielen wichtigen Staaten gehen die Trump-Leute in Führung:

In Texas liegt der von vielen Linken gefeierte Jung-Star der Demokraten, Beto O'Rourke, mehr als sechs Prozentpunkte hinter dem republikanischen Amtsinhaber Ted Cruz.
In Tennessee führt die Trump-Unterstützerin Marsha Blackburn vor dem demokratischen Rivalen Phil Bredesen mit einem Abstand von 14 Punkten.
Und sogar in Nevada konnte der umstrittene Republikaner Dean Heller die Konkurrentin Jacky Rosen in Umfragen erstmals knapp überholen.

Die gute Nachricht für die Demokraten: Im Kampf um die 435 Sitze im Repräsentantenhaus, der anderen Kammer des Parlaments, sieht es für sie weiterhin relativ gut aus. Sie verzeichnen weit mehr Spendeneinnahmen als die Republikaner. In einigen Wahlbezirken, die bislang von der Regierungspartei dominiert wurden, liegen Kandidaten der Demokraten in den Umfragen knapp vorne. Zum Beispiel in Teilen von Virginia, Pennsylvania oder auch Kalifornien.

Die Demokraten müssen 23 Stimmbezirke von den Republikanern erobern, um die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erreichen. Laut einer neuen Umfrage des Senders ABC und der "Washington Post" führen die Demokraten im ganzen Land insgesamt mit elf Prozentpunkten vor den Republikanern. Das ist ein beeindruckender Abstand. Aber: Auch hier gibt es einen Haken. Schaut man speziell die 66 Stimmbezirke an, die besonders umkämpft sind, ist das Verhältnis längst nicht so eindeutig. Hier liegen die Republikaner bei 47 Prozent und die Demokraten bei 46 Prozent.

Anders gesagt: An Orten wie San Francisco oder New York, wo die Demokraten ohnehin stark sind, bleiben ihre Wähler hochmotiviert. Sie wollen Trump einen Denkzettel erteilen. Doch gerade in vielen ländlicheren Bezirken in Ohio oder Wisconsin, die die Demokraten "umdrehen" müssten, ist die Sache offen. Sie könnten am Wahlabend in die eine oder andere Richtung kippen.

Trump und die Strategen der Republikaner haben diese Chance für sich erkannt. Intern sollen sie damit begonnen haben, Gelder für Wahlwerbung im Fernsehen auf einige wenige Bezirke zu konzentrieren, die sie unbedingt behalten müssen, um ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus wenigstens knapp zu verteidigen. Andere Bezirke, die laut Umfragen schon sicher an die Opposition verloren sind, werden aufgegeben. Die Republikaner bauen quasi eine "Brandmauer" - und hoffen, dass die hält.

Die Demokraten ihrerseits suchen händeringend nach neuen Themen und Angriffspunkten, mit denen sie Trump und Co. in den verbleibenden Wochen bis zur Wahl wieder in die Defensive bringen können. Dabei soll auch Ex-Präsident Barack Obama mithelfen. Im Endspurt will er bis zum Wahltag noch zahlreiche Auftritte absolvieren - als Joker gegen Trump.

spiegel


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