Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Plänen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für eine europäische Arbeitslosenversicherung am Donnerstag beim EU-Gipfel eine Absage erteilt. "Es gibt dazu unterschiedliche Ansichten in der Bundesregierung", sagte Merkel beim internen Treffen der Staats- und Regierungschefs nach Informationen des SPIEGEL. "Daher kann das im Dezember kein Thema sein." Dann stehen in Brüssel die Reformen zur Eurozone auf der Agenda.
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez stellte sich am Donnerstag hingegen hinter Scholz' Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Der vom Vizekanzler konzipierte Stabilisierungsfonds soll sich aus Beiträgen der Mitgliedstaaten speisen, um in Zeiten großer Wirtschaftskrisen die nationalen Versicherungssysteme für Arbeitslose zu stützen. Diese könnten sich Geld leihen, statt Leistungen kürzen zu müssen. Da sich die Beiträge an der Höhe der Wirtschaftskraft orientieren würden, müsste Deutschland am meisten einzahlen.
Merkels deutliche Absage ist insofern bemerkenswert, als Scholz' Vorhaben Teil der im Juni in Schloss Meseberg beschlossenen deutsch-französischen Initiative für eine "Roadmap" zur Stabilisierung der Eurozone ist. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drängte bei dem Treffen in Brüssel erneut auf raschere Fortschritte bis zum Dezembergipfel.
Mehrheit der Bürger skeptisch
Eine Mehrheit der Bundesbürger steht einer europäischen Arbeitslosenversicherung allerdings skeptisch gegenüber: Bei einer von dem FDP-Europaabgeordneten Wolf Klinz beim Meinungsforschungsinstitut Allensbach in Auftrag gegebenen Befragung von 1200 Bürgern lehnten 59,3 Prozent den Scholz-Plan ab. Bei Anhängern der Union sind es 63,8 Prozent, bei denen der SPD 50,2 Prozent.
Besonders ablehnend stehen liberal und rechts Gesinnte der Idee gegenüber: 74,2 Prozent (FDP-Anhänger) respektive 85 Prozent (AfD-Anhänger) lehnen sie ab. FDP-Europapolitiker Klinz hält ebenfalls nichts von Scholz' Idee: "Solange die EU-Mitgliedstaaten autonom über ihre Politik entscheiden, wäre es falsch, sie gemeinsam für die Konsequenzen dieser Politik haften zu lassen."
spiegel
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