Ermittler fürchten "Gefährdung des Rechtsstaats" durch armenische Mafia

  03 November 2018    Gelesen: 781
Ermittler fürchten "Gefährdung des Rechtsstaats" durch armenische Mafia

Kriminelle aus dem Kaukasus haben in Deutschland ein mächtiges Netzwerk aufgebaut. Nach Informationen von SPIEGEL und MDR haben Ermittler drei Jahre lang versucht, der Mafiosi habhaft zu werden - mit wenig Erfolg.

Das Projekt war streng geheim und trug den Decknamen Fatil: "Fight against thieves in law" - Kampf gegen Diebe im Gesetz. Drei Jahre lang haben Bundeskriminalamt (BKA) und sechs Landeskriminalämter deutschlandweit gegen die armenische Mafia ermittelt. Das geht aus dem vertraulichen Abschlussbericht des Fatil-Projekts hervor, der dem SPIEGEL und dem MDR vorliegt. Dabei handelt es sich um eines der größten Verfahren gegen die Organisierte Kriminalität (OK) in Deutschland.

Als "Diebe im Gesetz" werden hochrangige Führungsautoritäten der russisch-eurasischen OK bezeichnet. Laut dem Bericht kontrollieren sie auch die armenischen Mafiastrukturen in Deutschland.

Ausgangspunkt der konzertierten Aktion war eine Schießerei zwischen zwei Mafia-Clans im Juli 2014 vor einer Spielothek in Erfurt. Im Zuge des Ermittlungsprojekts wurden deutschlandweit 14 Verfahren eingeleitet. Laut dem BKA-Bericht wurden gegen 42 Personen Finanzermittlungen geführt, unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche. An Fatil waren unter anderen auch der Bundesnachrichtendienst (BND) und Europol beteiligt.

Das BKA kommt in dem Bericht zu dem Schluss, dass eine armenische Mafia in Deutschland "tatsächlich existiert". Zusammen mit anderen Gruppen aus dem russisch-eurasischen Bereich verfüge sie über "erhebliche finanzielle Ressourcen" und könne "eine Gefährdung für den Rechtsstaat" sein.

BKA rät von vertiefter Zusammenarbeit mit Armenien ab

Das Fatil-Projekt wurde im Sommer dieses Jahres beendet - mit einem ernüchternden Ergebnis: Verfahren mussten mangels Beweisen eingestellt werden, zu Anklagen kam es bislang nicht. Laut dem Bericht sind die Gründe unter anderem fehlende technische Möglichkeiten der Überwachung, zu wenig Personal und die Zurückhaltung vieler Staatsanwaltschaften, Verfahren gegen OK-Gruppen einzuleiten.

Das Mafia-Thema berührt offenbar auch die diplomatischen Beziehungen: Nach Informationen von MDR und SPIEGEL bot der armenische Botschafter in Deutschland, Ashot Smbatyan, den Behörden an, sie im Kampf gegen die armenische Mafia zu unterstützen. Laut einem vertraulichen Schreiben vom März 2018 rät das BKA allerdings von einer Kooperation ab. Aufgrund der möglichen "Verquickungen" von staatlichen Strukturen mit den "Dieben im Gesetz" komme eine "vertiefte Zusammenarbeit mit Armenien nicht in Betracht", heißt es in dem Dokument.

Nach einem vertraulichen Gutachten des Bundesnachrichtendienstes aus dem Jahr 2008 stand Smbatyan selbst, damals als einfacher Botschaftsmitarbeiter, in Verdacht, in internationale Schleusungsaktivitäten verwickelt gewesen zu sein. Auch wegen des Verdachts der Geldwäsche wurde in der Vergangenheit gegen den Diplomaten bereits ermittelt, wobei die Ermittlungen wieder eingestellt wurden.

Der Botschafter weist über seinen Anwalt alle Vorwürfe "aus der Gerüchteküche" zurück. Über frühere Ermittlungen gegen ihn sei ihm nichts bekannt.


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