Ungarns nächste Attacke auf die unabhängige Justiz

  07 November 2018    Gelesen: 702
Ungarns nächste Attacke auf die unabhängige Justiz

Weil Ungarns Richter bislang nicht immer im Sinn der rechtsnationalen Regierung urteilten, plant Justizminister Trocsanyi nun neue Kammern einzurichten - für politisch heikle Fälle.

Der ungarische Justizminister Laszlo Trocsanyi hat einen umstrittenen Gesetzesentwurf zur Schaffung einer neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgelegt.

"Zweck dieses Gesetzes ist die Stärkung des Rechtsstaats", sagte Trocsanyi im Staatsfernsehen. Kritiker fürchten hingegen, dass der rechts-nationale Ministerpräsident Viktor Orbán mit dem Gesetz die immer noch mehr oder weniger unabhängige Justiz aushebeln will.

Ungarns Regierung werde den Gesetzesentwurf der Venedig-Kommission des Europarats zur Begutachtung vorlegen, sagte der Justizminister. Dieses Gremium besteht aus angesehenen internationalen Rechtsexperten.

Regierung hätte bei Besetzungen das entscheidende Wort

Der Gesetzesentwurf, der am Dienstagabend auf der Internetseite des ungarischen Parlaments veröffentlicht wurde, sieht die Schaffung von regionalen Verwaltungsgerichten und eines Obersten Verwaltungsgerichtshofs vor. Die neuen Institutionen sind aus dem bisherigen Gerichtswesen herausgelöst. Bei der Bestellung der führenden Richter hat die Regierung das entscheidende Wort.

Die neuen Verwaltungsgerichte werden künftig auch in politisch heiklen Fällen urteilen, so etwa bei Wahlanfechtungen und bei Konflikten um die Informationspflichten von Regierungsstellen oder um Entscheidungen der regierungstreuen Medienaufsichtsbehörde.

In der Vergangenheit sprachen die regulären Gerichte in diesen Angelegenheiten häufig Urteile, die nicht nach dem Geschmack der Orbán-Regierung waren. Mit dem neuen Gesetz - so fürchten Kritiker und Experten - können die politisch heiklen Fälle der neu geschaffenen, gefügigeren Gerichtsbarkeit zugewiesen werden.

Orbán, der seit 2010 regiert, versucht immer wieder, die Justiz seinen politischen Bedürfnissen unterzuordnen. Im September hatte das EU-Parlament auch deshalb ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn eingeleitet.

spiegel


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