Polen: Warschau “bittet“ deutschen Botschafter “zum Gespräch“

  11 Januar 2016    Gelesen: 636
Polen: Warschau “bittet“ deutschen Botschafter “zum Gespräch“
Warschau verteidigt seine umstrittenen Gesetzesänderungen - und geht auf Konfrontationskurs zu Berlin. Polen zitiert den deutschen Botschafter zu einem Treffen ins Außenministerium. Grund seien "antipolnische Äußerungen deutscher Politiker".
Im Streit über den Kurs der nationalkonservativen Regierung in Polen verschärft Warschau den Ton gegenüber Deutschland. Außenminister Witold Waszczykowski hat den deutschen Botschafter Rolf Nikel für Montag zu einem Treffen gebeten. Grund seien die "antipolnischen Äußerungen deutscher Politiker", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Zunächst war von der Nachrichtenagentur dpa gemeldet worden, Waszczykowski habe den Botschafter "einbestellt" - was einem formellen Protest gegen das von dem Botschafter vertretene Land bedeuten würde. Allerdings handele es sich hier nicht um eine formelle Einbestellung, betonte ein Sprecher der deutschen Botschaft in Warschau.
Zuvor hatte der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Artur Dmochowski, mitgeteilt, der deutsche Botschafter sei zu einem Treffen gebeten worden. Diese Formulierung wird vom polnischen Außenministerium auch für eine Einbestellung verwendet.

Mehrere deutsche Politiker hatten in den vergangenen Tagen Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit verschiedener Gesetze der polnischen Regierung geäußert. Unionsfraktionschef Volker Kauder plädierte im Interview mit dem SPIEGEL für Sanktionen, sollte das Nachbarland im Osten an seiner Linie festhalten. In der kommenden Woche berät die EU-Kommission über die Lage in Polen.

Die neue Regierung der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS, ist seit November im Amt. Sie hat im Eiltempo Gesetze verabschiedet. Unter anderem hat die PiS-Regierung das Verfassungsgericht mit ihr genehmen Leuten besetzt. Außerdem hat sie mit ihrer absoluten Parlamentsmehrheit ein Gesetz verabschiedet, mit dem sie Spitzenposten in staatlichen Medien direkt selbst bestimmen kann.

Zehntausende protestieren

Kritik daran gab es nicht nur aus dem Ausland. In Polen protestierten am Samstag Zehntausende Menschen im ganzen Land gegen das neue Mediengesetz und die ersten Entlassungen von Journalisten.

Polens Verteidigungsminister Antoni Macierewicz warf Deutschland und anderen westlichen Staaten vor, sich in die Souveränität seines Landes einzumischen. "Wir werden unser Programm umsetzen", sagte Macierewicz im rechtskatholischen Fernsehsender TV Trwam. Polen werde sich nicht von Deutschland "über Demokratie und Freiheit belehren" lassen.

Die Proteste gegen das neue Mediengesetz wies er zurück. "Wir haben es mit einem Aufstand eines Teils der früheren Eliten gegen das Volk zu tun, gegen diejenigen, die die Wahlen gewonnen haben", sagte Macierewicz. "Niemandem wird die Redefreiheit genommen, im Gegenteil, sie kehrt zur Mehrheit des Volkes zurück, dem sie (unter der liberalkonservativen Vorgängerregierung) entzogen war."



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