Welches Land die Menschheit bedroht und in die Barbarei führt

  18 Dezember 2018    Gelesen: 875
Welches Land die Menschheit bedroht und in die Barbarei führt

Michael Hudson ist Finanzanalytiker und Wirtschaftswissenschaftler. Er hat an der Wall Street gearbeitet und Regierungen beraten. Trotzdem hat der Ökonom mit interessantem biografischem Hintergrund seinen kritischen Blick auf den US-Imperialismus nie aufgegeben, wie er in einem Beitrag für die Zeitung „junge Welt“ zeigt.

„Die größte barbarische Bedrohung ist die finanzielle und militärische Aggressivität der USA gegen jedes Land, das eine eigene unabhängige Außen- oder Wirtschaftspolitik anstrebt.“ Das schreibt der US-Finanzanalytiker und Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „junge Welt“.

In dem am Dienstag veröffentlichten Text meint Hudson: „Die US-Regierung hat China und Russland als langfristige Hauptgegner in dieser Hinsicht ausgemacht. Deutschland und andere europäische Länder sollen für diese Strategie in ihre Einflusssphäre gezogen werden.“

Der Finanzexperte, der selber an der Wall Street erfolgreich aktiv war, schätzt die US-Politik klar und deutlich ein. Er weiß als ehemaliger Regierungsberater, wovon er redet. Hudson (Jahrgang 1939) ist Patensohn von Leo Trotzki. Er veröffentlichte 1972 sein Hauptwerk „Super Imperialism“, das 2018 unter dem Titel „Finanzimperialismus“ erstmals auf Deutsch erschien. Es hat nichts an Aktualität verloren, weil es die bis heute wirkenden Grundzüge der Entwicklung beschreibt.

Dominanz der US-Interessen

In der „jungen Welt“ schreibt er, die US-Diplomatie habe seit dem Zweiten Weltkrieg die europäische Politik durch verdeckte und oft gewaltsame Interventionen beeinflusst. Hudson verweist beispielhaft die Obristen-Herrschaft in Griechenland oder die verdeckt agierende NATO-Armee „Gladio“ in Italien. „Durch den Aufbau der NATO hat Washington versucht, die europäische Außenpolitik zu dominieren.“

Aber auch beim Euro sieht er US-Interessen im Hintergrund:

„Die Euro-Zone wurde ohne eine Zentralbank, die nationale Haushaltsdefizite finanzieren kann, angelegt. Dadurch wurde ein System der Sparpolitik auferlegt, das sicherstellt, dass die Währungsgemeinschaft keine Bedrohung für die Dollar-Hegemonie wird.“

Hudson beschreibt prägnant, wie die USA andere Nationen von sich abhängig und sich selbst auf diese Weise vermeintlich unverzichtbar machen. Das geschieht nach seinen Worten mit allen Mitteln: „Der Finanzimperialismus der USA wurde nach 1945 durch das Bretton-Woods-System abgesichert. Im Internationalen Währungsfonds (IWF) haben die Vereinigten Staaten ein Vetorecht. Sie können widersprechen, wenn Kredite an Länder vergeben werden sollen, die gegen die neoliberale Außenpolitik der USA verstoßen.“

USA lassen Krieg führen

Für den Finanzanalytiker ist außerdem klar:

„Die Vereinigten Staaten haben eine eigene Fremdenlegion in Form von Al-Qaida und anderen terroristischen Gruppen geschaffen, um Länder anzugreifen, die sich gegen den Verkauf ihrer Öl- und Rohstoffressourcen an multinationale US-Konzerne wehren.“

Solche Kriege seien für die US-Strategen notwendig, um den Geldimperialismus auszudehnen. Dessen Hauptziel sei nach wie vor der Nahe Osten.

Aus Hudsons Sicht erwarten die herrschenden Kreise in den USA, dass die europäischen Staaten die „unbeabsichtigten Folgen“ der US-Politik unter anderem in Form Tausender Flüchtlinge aufnehmen. Ihn erstaune, „wie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einerseits die Einwanderung von Flüchtlingen ablehnen können, andererseits aber als unbedingte Befürworter der NATO und der Zerstörung des Nahen Ostens als Verursacher für die Vertreibung der Menschen auftreten.“

Imperialismus lebendig wie nie

Er warnt: Wenn die europäischen Regierungen sich nicht gegen diese Politik der USA wehren, würden sie zu „Komplizen des US-amerikanischen Weges zur Barbarei“. Krieg sei „nur ein Mittel, mit dem der Imperialismus seine Ziele durchsetzt“, erklärt Hudson außerdem im Interview mit der Zeitung.

„Imperialismus bedeutet, sich die Einkommen und das Eigentum anderer Länder anzueignen; deren Politik zu bestimmen, sie abhängig von der imperialen Macht zu machen. Der Imperialismus schafft ein internationales System, das unmittelbar vom Zentrum regiert wird.“

Die USA würden ihre Interessen global durchsetzen, indem sie ihre eigenen Regeln schaffen und anderen Ländern aufzwingen. „Der Imperialismus hat eine totalitär geplante Wirtschaft geschaffen. Die Wirtschaft in der Peripherie wird vom ökonomischen Zentrum gelenkt. Die wesentlichen Akteure sind dabei die Vertreter der Wall Street und des Militärs.“

Warum Russland bekämpft wird

Mit Blick auf die militärischen Mittel, um die US-Interessen durchzusetzen, schreibt Hudson:

„Auf militärischem Gebiet nehmen die USA für sich in Anspruch, jedes Land angreifen zu können. Kein Staat darf über ein militärisches Verteidigungssystem verfügen, das einer Intervention standhalten kann. Deshalb ist Washington das russische Verteidigungssystem ein so großer Dorn im Auge. Die Aufgabe der NATO ist es, sicherzustellen, dass ein eskalierender Konflikt zwischen Russland und den USA in erster Linie auf europäischem Boden ausgetragen wird.“

Hudson schätzt in dem Interview ein, das der jetzige US-Präsident Donald Trump keine andere Außenpolitik als sein Vorgänger Barack Obama betreibt. Der Grund: Trumps Politik werde ebenfalls von Vertretern des sogenannten tiefen Staates bestimmt, von Vertretern der Geheimdienste NSA und CIA. In militärischen Fragen halte er sich „an die alten Kalten Krieger, die einen militärischen Konflikt in der Ukraine heraufbeschwören wollen, der sich in Europa ausbreiten soll“.

Ebenso erinnert er daran, was die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär bedeuten, die die USA von den EU-Staaten fordern. Unter den geltenden EU-Verträgen sei mehr Geld für Waffen nur möglich, wenn bei Sozialprogrammen gespart wird. „Dies ist ein Nebenprodukt des Imperialismus: Kürzungsprogramme werden in der Peripherie durchgesetzt, damit die Vermögen in den USA steigen.“

Hudson wird bei der XXIV. Rosa-Luxemburg-Konferenz, die die „junge Welt“ am 12. Januar 2019 organisiert, über „Die nächsten Kriege“ sprechen.

sputniknews


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