Wenn einer Guardiola knackt, dann Klopp

  03 Januar 2019    Gelesen: 851
Wenn einer Guardiola knackt, dann Klopp

Ihre Wege kreuzen sich seit einigen Jahren und dabei behält einer sehr oft die Oberhand. Jürgen Klopp und Josep Guardiola gehören zu den besten Fußballtrainern Europas - und der Deutsche scheint den Katalanen entschlüsselt zu haben. Nun treffen beide im englischen Meisterschaftsrennen aufeinander.

Ob Josep Guardiola gelegentlich Albträume hat, in denen ihm Jürgen Klopp erscheint, ist nicht bekannt. Es wäre aber nicht verwunderlich. Der 47 Jahre alte Katalane ist ein Meister seines Fachs, der auf jede noch so knifflige Frage eine Antwort parat hat. Guardiola gewann als Fußballspieler und als Trainer Titel en masse. Und doch verliert er auffallend häufig gegen Klopp. Der Deutsche bleibt aber demütig. "Ich finde, Pep ist der beste Trainer der Welt. Er macht das schon ganz ordentlich", sagte er im November dem Bezahlsender Sky.

Die beiden trafen bisher 15 Mal aufeinander. Erst in der Bundesliga, als Guardiola den FC Bayern und Klopp Borussia Dortmund trainierte. Und nun in der Premier League mit Guardiola bei Manchester City und Klopp beim FC Liverpool. Acht Mal siegte Klopp, Guardiola nur fünf Mal. Zwei Begegnungen endeten unentschieden. Berücksichtigt man auch den International Champions Cup im Sommer 2018, liegt Klopp sogar neun zu fünf vorne. Klopp ist der einzige Trainer, gegen den Guardiola eine negative Statistik aufweist. Daran wird sich auch an diesem Donnerstag (ab 21 Uhr in Liveticker bei n-tv.de) nichts ändern, wenn City am 21. Spieltag als Tabellendritter auf den Spitzenreiter aus Liverpool trifft.

Die Konstellationen in der Bundesliga und jetzt in der Premier League ähneln sich. Guardiola verfügt über die besseren Individualisten und hat den Anspruch, dass seine Mannschaft einen dominanten Ballbesitzfußball spielt. Klopp hingegen ist ein Vertreter eines Stils, den Engländer gerne als "Run and Gun" bezeichnen. Sein Team versucht den Gegner in Fehler zu zwingen und anschließend überfallartige Angriffe zu forcieren. Natürlich gelingt dies vor allem, wenn sich Klopps Spieler in der Rolle des Außenseiters befinden. Und wann sind sie mehr Außenseiter als in Partien gegen Bayern und nun gegen die Ultrareichen von Manchester City?

Klopp siegte in Taktikschlachten

Zwei Beispiele verdeutlichen, wie Klopp es mehrfach schon gelungen ist, Guardiola taktisch - also in der Paradedisziplin des Katalanen - zu bezwingen. Da ist zum einen der 3:0-Sieg des BVB in der Rückrunde der Saison 2013/2014. Die Meisterschaft war zugunsten der Münchner entschieden, aber Dortmund wirkte dennoch gewillt, die übermächtigen Bayern zu besiegen. Klopp änderte extra für diese Partie sein Spielsystem. Er stellte auf ein defensives 4-3-3 um und positionierte Jonas Hofmann auf dem rechten Flügel. Hofmann spielte zu diesem Zeitpunkt keine sonderlich große Rolle beim BVB, verrichtete seine Aufgabe jedoch mit Bravour. Er setzte Innenverteidiger Dante ständig unter Druck und schirmte gleichzeitig dessen Nebenmann David Alaba ab. Die Bayern wurden in Ballverluste getrieben, die Dortmund über die schnellen Marco Reus und Pierre-Emerick Aubameyang ausnutzte.

Ein weiterer deutlicher Sieg liegt noch nicht so weit zurück. Im Viertelfinale der Champions League in der vergangenen Saison gewann Liverpool das Hinspiel gegen City ebenfalls mit 3:0 und legte den Grundstein für das Weiterkommen. Klopp wusste, dass sein laufstarkes und intensiv spielendes Mittelfeld ein Duell um den Ballbesitz gegen City niemals gewinnen konnte. Er erkannte aber auch den taktischen Fehler, den Guardiola beging. Dieser stellte nämlich Ilkay Gündogan auf die ungewohnte rechte Seite, weshalb Rechtsverteidiger Kyle Walker mehrfach in Unterzahl geriet. Guardiola schien eingeschüchtert und wählte deshalb diesen recht konservativen Ansatz, statt eines echten Außenstürmers war der Mittelfeldmann Gündogan außen. Auch seine Spieler wirkten alles andere als souverän, wenn sie vom Pressing der Reds unter Druck gesetzt wurden. Liverpool spielte sich in einen wahren Rausch.

Das Gegenmittel zu Guardiola

Ein solches Rauscherlebnis passt zur Karriere von Klopp. Man erinnere sich nur an das 4:1 der Dortmunder gegen Real Madrid 2013. Oder an das 5:2 im Pokalfinale gegen die Bayern im Jahr zuvor. Phasenweise kann der Klopp’sche Fußball etwas zäh wirken, gerade wenn seine Mannschaft das Spiel selbst gestalten muss und nicht nur die anderen zu Fehlern zwingen kann. Aber wenn einmal der Damm bricht, laufen seine Spieler auf Hochtouren. Bei Guardiola ist es anders. Er ist ein Trainer für Konstanz und Erfolgsstabiliät. Auch deshalb gewinnt er so häufig Meisterschaften. "Er ist intensiv und detailversessen. Jeder weiß, was er mit und ohne Ball machen muss", sagt Citys Mittelfeldstratege Kevin De Bruyne. "Ich hatte noch nie einen Trainer, der in jedem Moment derart auf Details achtet und sagt, was zu tun ist." Arjen Robben, der bei den Bayern unter Guardiola spielte, kann da nur zustimmen: "Selbst drei Uhr morgens wäre Pep bereit, mit dir über Fußball zu sprechen."

Klopp hingegen hat keinen solch starken Kontrollwahn, schafft es aber, gegnerische Weltklassespieler auf Normalniveau herunterzuziehen und überragende Ballbesitzteams wie Allerweltsmannschaften wirken zu lassen. Angesprochen auf den Stil des FC Barcelona, dem einstigen Verein Guardiolas, sagte Klopp einmal: "Das ist nicht mein Sport. Ich mag es nicht, mit 80 Prozent Ballbesitz zu gewinnen. Fußball zu arbeiten, nicht gleichmütigen Fußball, das ist, was ich mag." Das 3:0 im vergangenen April steht stellvertretend für Klopps Philosophie. Seine Spieler trieben City an der Anfield Road in eine Art Eins-gegen-Eins-Aktionismus. Statt als Einheit zu funktionieren, suchten die Offensivkräfte von City immer häufiger die Zweikämpfe, in denen Liverpool aber auf Augenhöhe war. Ohne Zusammenarbeit funktioniert kein Ballbesitz.

Zugleich hat Liverpool seinen Ziehharmonika-Stil perfektioniert. Die Reds machen das Spiel breit und unterbrechen die Passwege zwischen den Gegenspielern, schlagen dann weite Bälle und verengen das Geschehen am gegnerischen Strafraum. Dort gewinnen sie Abpraller oder Kopfballduelle und kombinieren selbst mit größter Freude. Bei aller Außenseiter-Rhetorik hat Liverpool in der jüngeren Vergangenheit viel Geld ausgegeben und einen Kader voller Starspieler angehäuft. Virgil van Dijk, Naby Keïta, Roberto Firmino, Sadio Mané oder Mohamed Salah gehören zur Crème de la Crème Europas.

Erster Titel seit 1990?

Insofern ist es nicht allzu verwunderlich, dass Liverpool momentan die Tabelle der Premier League anführt. Die Qualität ist vorhanden und Klopp weiß, wie er Ligatitel gewinnen kann. Es braucht nur ein paar wenige Ausrutscher der direkten Konkurrenz. Und City lieferte sich genau diese, als es in den letzten fünf Partien bei Chelsea, Leicester und zu Hause gegen Crystal Palace verlor und in eine ernsthafte Krise schlitterte. Nun stehen bereits sieben Punkte zwischen beiden Teams. Das Aufeinandertreffen im Etihad Stadium am diesem Donnerstag hat insofern eine besondere Bedeutung für die Titelambitionen des Klubs aus Manchester. Eine Niederlage können sich Guardiola und seine Spieler nicht leisten.

Allerdings muss dafür auch eine Art Fluch gebrochen werden. Denn von den jüngsten vier Aufeinandertreffen gewann Liverpool drei. In der Hinrunde gab es ein 0:0 an der Anfield Road. Klopp selbst könnte sich mit einem Sieg und einem Titelgewinn im Mai unsterblich machen. Die Reds gewannen zuletzt 1990 die englische Meisterschaft. Damals gab es die Premier League in der heutigen Form noch nicht einmal. Schon jetzt genießt der 51-Jährige einen besonderen Status in der Hafenstadt. Holt er den Titel nach Liverpool, sollte eine Statue für ihn direkt neben jener von Bill Shankly vor den Toren des Stadions nur noch eine Frage der Zeit sein. Doch zuvor muss er einen alten Rivalen erneut in Schach halten. Der zerbricht sich in typischer Guardiola-Manier bestimmt schon seit längerem den Kopf, wie er endlich Klopp in die Knie zwingen kann.

Quelle: n-tv.de


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