Bundestags-Gutachter: US-Drohungen gegen Maduro sind völkerrechtswidrig

  12 Februar 2019    Gelesen: 969
Bundestags-Gutachter: US-Drohungen gegen Maduro sind völkerrechtswidrig

US-Drohungen gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro sind völkerrechtswidrig, so das Ergebnis eines wissenschaftlichen Gutachtens des Bundestages. Auch die Anerkennung des selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó durch die Bundesregierung werfe zumindest rechtliche Fragen auf. Für die Linksfraktion ist das jedoch ein klarer Rechtsbruch.

Trumps Sicherheitsberater John Bolton drohte kürzlich in einem Radio-Interview dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro mit Gefängnis auf Guantanamo. Konkret sagte er gegenüber „Hugh Hewitt“: „Gestern habe ich getwittert, dass ich ihm einen langen und ruhigen Rückzugsort an einem wunderschönen Strand außerhalb Venezuelas wünsche. Und je früher er diese Gelegenheit nutzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er einen schönen und ruhigen Rückzugsort an einem schönen Strand haben könnte, anstatt sich an einem anderen Strand aufzuhalten, wie Guantanamo“, so Bolton.

Zudem hat US-Präsident Donald Trump zum wiederholten Mal ein militärisches Eingreifen der USA in Venezuela nicht ausgeschlossen, wie er Anfang Februar in einem Interview mit dem Sender „CBS“ sagte. Trump und Mitglieder seiner Regierung hatten zuvor mehrfach erklärt, „alle Optionen“ würden auf dem Tisch liegen.

Sind solche Drohungen völkerrechtskonform?

Beide Drohungen verstießen gegen in der VN-Charta normierte Grundsätze, erklären die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages in einem Gutachten, das Sputnik vorliegt. Das gelte unabhängig davon, „ob das mit der Drohung nach Absicht des Drohenden abgenötigte Verhalten des Bedrohten völkerrechtskonform oder gar völkerrechtlich geboten wäre“. Gewalt und Drohung mit Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates seien in der VN-Charta als Mittel zur einseitigen Durchsetzung ausgeschlossen, betonen die Völkerrechtler.

Die Drohung mit Inhaftierung im Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base könne als Drohung mit physischer Gewalt verstanden werden, so die Gutachter. „Die an das Staatsoberhaupt adressierte Drohung richtet sich gegen die politische Unabhängigkeit eines Staates und verletzt ebenfalls den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten.“ Es sei nicht erkennbar, dass die Inhaftierung in Guantanamo auf der Grundlage eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens vor einem persönlich, sachlich und örtlich zuständigen Gericht erfolgen solle, unterstreichen die Wissenschaftler. „Angesichts der bisherigen Praxis verschiedener US-amerikanischer Administrationen könnte der ausdrückliche Bezug auf Guantanamo sogar als Drohung mit einer willkürlichen Inhaftierung zu verstehen sein.“

Gutachter: „Anerkennung von Guaidó ist fraglich“

Nachdem das Ultimatum an Präsident Nicolás Maduro abgelaufen ist, hat auch die deutsche Bundesregierung den Abgeordneten Juan Guaidó als rechtmäßigen Übergangspräsidenten des südamerikanischen Krisenstaats anerkannt.

Auf die Frage der Linksfraktion, „ob es für einen Staat völkerrechtlich zulässig ist, ein ausländisches Staatsoberhaupt als solches anzuerkennen, wenn dieses Staatsoberhaupt seine Position möglicherweise nicht im Rahmen der anwendbaren ausländischen Verfassung erlangt hat“, antworteten die Gutachter: Die bloße Anerkennung verleihe der neuen Regierung keine Legitimität. Die Wahl oder die Ernennung des Staatsoberhauptes liege nach wie vor in der „ausschließlichen Verantwortung innerstaatlicher Akteure“. Das sei zumindest solange gegeben, bis es nicht zu einem völligen Zusammenbruch der Staatlichkeit komme. „Daher gibt es starke Gründe für die Annahme, dass die Anerkennung eines Staatsoberhauptes ad interim vorliegend eine Einmischung in innere Angelegenheiten ist“, so das Ergebnis des Gutachtens.

MdB Hunko warnt: „Völlig brandgefährlich“

Auftraggeber des Gutachtens ist Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Er hält es für „offensichtlich“, dass Guaidó nicht über die reale Macht – über Sicherheitskräfte, das Militär, Polizei etc. – verfüge. Damit werde die Anerkennung Guaidós durch die Regierung von den wissenschaftlichen Diensten „indirekt“ als völkerrechtswidrig klassifiziert, erklärt der Bundestagsabgeordnete. Die Bundesregierung habe sich wenig Gedanken gemacht über die „Völkerrechtskonformität ihres Handelns“, bemängelt Hunko. Das, was da gemacht werde, sei „völlig irre“: „Man erkennt jemanden formal in einem Land an, der zwar Parlamentspräsident ist, dessen Partei aber nur über zehn Prozent verfügt. Man erkennt ihn formal an, obwohl nach wie vor eine Regierung im Amt ist, die die Kontrolle über die Staatsgewalt hat in Venezuela. Wie will man denn damit umgehen? Was macht man mit den Botschaften z.B.? Werden diese jetzt geschlossen?“, fragt Hunko.

Politisch hält er das Vorgehen der Bundesregierung für „völlig brandgefährlich“. Man befeuere den Konflikt damit, warnt der Abgeordnete: „Deutschland gehört zu den Ländern international, die sich auch mit ihrer Drohung einer Militärintervention auf die Seite der USA stellen. Und man katapultiert sich völlig aus einer Möglichkeit in diesem Konflikt zu vermitteln, wie das z.B. jetzt Mexiko und Uruguay versuchen.“ Das sei eine absolute abenteuerliche Politik der Bundesregierung, findet Hunko und fordert die Bundesregierung auf, „die Anerkennung Guaidós zurückzunehmen und sich im UN-Sicherheitsrat für eine friedliche Lösung dieses Konfliktes einzusetzen“.

sputniknews


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