Am Sonntag hatte Sputnik über ein Interview von Grenell berichtet, das dieser der „Welt am Sonntag“ gegeben hatte.
Ohne Wertung präsentierten wir die wichtigsten Thesen des Botschafters, die sich kurz unter folgenden Stichpunkten zusammenfassen lassen:
Grenell zeigte sich unzufrieden, dass Deutschland zu wenig in die Rüstung investiert. Das müsse mehr werden, so Grenell. Die Argumentation war: „Russland steht vor der Haustür.“
Weiterhin warnte der Vertreter von Trump davor, mit Iran trotz der amerikanischen Sanktionen zu handeln. Amerikanische Sanktionen zu umgehen, sei „nicht ratsam“, so Grenell an Deutschland.
Schließlich gab Grenell seine Unzufriedenheit mit dem Projekt Nord Stream 2 zur Kenntnis. Dieses gehe den Amerikanern zu weit, so der US-Botschafter.
Die Reaktion der Leser auf diesen Artikel war für Grenell zweifelsohne verheerend. Innerhalb eines Tages sammelten Grenells Forderungen im Sputnik-Artikel über 600 Dislikes (bei nur etwa 10 Likes) sowie über 180 Kommentare, die nahezu ausschließlich negativ waren.
Manche User forderten die Ausweisung des Diplomaten oder seine Erklärung zur Persona non grata.
Andere warfen ihm Kolonialherrenmanieren usw. vor.
Reaktion von Grenell symptomatisch für USA
Offenbar hat der Artikel gar so „eingeschlagen“, dass Grenell persönlich darauf antworten musste.
Via Twitter teilte er den Artikel (vielen Dank dafür übrigens) und schrieb dazu:
„Während russische Medien mich weiterhin angreifen, vergessen sie immer zu erwähnen, dass Russland immer noch 24 ukrainische Matrosen als Geiseln in einem Gefängnis festhält. Oder dass Russland ein Passagierflugzeug in der Ukraine abgeschossen oder chemische Waffen gegen einen Gegner eingesetzt hat.“
Doch genau diese Reaktion zeigt noch einmal, wie chronisch die US-„Diplomatie“ an ihrer „Vorgesetzten“-Mentalität leidet. Es ist offensichtlich selbstverständlich für US-Diplomaten, in einem Ton von Forderungen und Ultimaten zu sprechen – und das wohlgemerkt noch nicht einmal mit geopolitischen Konkurrenten, sondern mit „Partnern“ und „Verbündeten“.
Wird das kritisiert, so muss man mit einer empörten Reaktion von oberster Stelle rechnen.
Zudem zeigt dieser Tweet offen, wie US-Vertreter arbeiten.
Behauptungen und Gerüchte werden von sich gegeben, ohne konkretes beweisendes Material dafür zu liefern, oder einfach Unwahrheiten verbreitet.
Beweise hat man als amerikanischer Politiker offenbar nicht nötig.
Ukrainische Matrosen als „Geiseln“? Nein, es waren Grenzverletzer, die in russische Hoheitsgewässer eindrangen, Anweisungen der russischen Küstenwache missachteten und folglich festgesetzt werden mussten. Mit Geiselhaft hat das nichts zu tun.
Abschuss der MH-17 über der Ukraine? Es gibt weiterhin keinen einzigen belastbaren Beweis, dass es Russland war. Im Gegenteil, auf einer Pressekonferenz des russischen Verteidigungsministeriums vom September 2018 sind zuvor geheime Dokumente veröffentlicht worden. Diese belegen, dass die für den Abschuss des Flugzeugs verantwortliche Rakete seit den 1980er Jahren im Dienst der ukrainischen Armee stand.
Chemische Waffen gegen Gegner? Auch im Skripal-Fall, den Grenell hier vermutlich meint, gibt es keinen einzigen Beweis. Mehr noch, seit längerer Zeit schweigt London dazu und versucht offensichtlich, das Thema unter den Teppich zu kehren.
Der Tweet von Grenell ist somit erneut ein Indiz, wie gerne US-Diplomaten Gerüchte nutzen, und wie selten sie Fakten präsentieren. Das Ziel aber ist fast immer das gleiche – Russland zu diskreditieren.
Apropos, diese Vorgehensweise ist nicht nur für US-Vertreter symptomatisch.
An diesem Kommentar fand nämlich auch das „Bild“-Blatt seinen Gefallen. „Bild“-Chef Julian Reichelt retweetete Grenells Antwort.
sputniknews
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