Dies könnte das Verfahren zeitaufwändig, komplex und schwer vorhersagbar machen. Eigentlich sind die in der letzten Woche vom EU-Parlament, der EU-Kommission sowie dem EU-Rat vereinbarten Änderungen endgültig: An diesem Mittwoch muss über diese noch im EU-Rat abgestimmt werden, wo sie höchstwahrscheinlich eine Zustimmung bekommen werden. Dann wären nur noch Verfahrensformalitäten zu klären, wie etwa die rechtlich-sprachliche Regelung, die Zustimmung des EU-Parlaments im April und eine des Europarates auf der Ebene der Staatsoberhäupter im Mai, wonach die Änderungen in Kraft treten dürften.
Aus dem Dokument geht hervor, dass die Gaspipeline über einen von Gazprom unabhängigen Betreiber verfügen (jetzt ist das eine hundertprozentige Monopolstruktur der Nord Stream 2 AG) muss und dritte Länder einen Zugang zu den Kapazitäten der Pipeline haben müssen. Wenn sich ein unabhängiger Betreiber finden würde, wäre der Zugang Dritter zu den Kapazitäten der Pipeline nicht umsetzbar, da nur Gazprom als einzig berechtigtes Exportunternehmen Gas von dem in Russland liegenden Ende der Pipeline liefern kann.
In diesem Fall kann die EU-Kommission, wie im Fall mit der Opal-Gasleitung, Gazprom nur die Hälfte der Kapazitäten von Nord Stream 2 gestatten, während die andere Hälfte potenziellen „Dritten“ überlassen würde, die kaum je auftauchen würden. Die volle Nutzung der Opal-Kapazitäten wurde z. B. sieben Jahre lang blockiert, eine akzeptable Lösung konnte erst 2017 gefunden werden.
Theoretisch gesehen könnte das Problem mit Nord Stream 2 gelöst werden, wenn das Projekt von den EU-Vorschriften abweichen würde. So kann Deutschland als das EU-Land, in dem die Gaspipeline ankommt, mit Russland ein entsprechendes Regierungsabkommen schließen. Doch in der Praxis lässt sich aus dem Dokument nachvollziehen, dass solch ein Weg lang, schwierig und nicht unbedingt erfolgreich sein könnte. Denn dieser erfordert eine Interaktion mit der EU-Kommission in zwei Schritten: Zunächst muss die EU-Kommission Deutschland die Erlaubnis erteilen, mit Russland über ein zwischenstaatliches Abkommen zu verhandeln. Und danach – sobald die Verhandlungen vorüber sind – muss diese noch eine Erlaubnis für die Unterzeichnung des Vertrages geben.
In den beiden Fällen ist die EU-Kommission verpflichtet, innerhalb von 90 Tagen eine Entscheidung zu treffen, hat jedoch das Recht, zusätzliche Informationen anzufordern, wodurch die Fristen möglicherweise über Jahre hinausgezögert werden können, wie dies bei der Opal-Pipeline der Fall war. Darüber hinaus kann die EU-Kommission Deutschland Korrekturen des Vertragstextes empfehlen.
Die endgültige Entscheidung über die Erteilung von Genehmigungen soll dann mit den EU-Mitgliedstaaten getroffen werden. Die EU-Länder würden einen Ausschuss bilden, in dem die Entscheidungen durch eine einfache Mehrheit getroffen würden. So bräuchte Deutschland die Unterstützung der größten EU-Länder, zumindest Frankreichs und Italiens, damit die Ausnahmen für Nord Stream 2 zustande kommen.
Ein Sprecher der Nord Stream 2 AG kommentierte gegenüber Sputnik, dem Entscheidungsprozess mit viel Aufmerksamkeit und Engagement zu folgen, jedoch nur die endgültige Abstimmung durch das EU-Parlament und den Europarat analysieren zu wollen. Zugleich hatte Gazprom kürzlich signalisiert, dass das Unternehmen mögliche Beschränkungen für Nord Stream 2 berücksichtige und über neue Gaspipelines nach Europa nachdenke. Am 14. Februar bestätigte Konzernchef Alexej Miller, er erwäge den Bau der neuen Pipeline Turkish Stream 2. Soll diese Pipeline implementiert werden, wird das russische Gas von der Türkei aus über den Landweg in die EU gelangen, und Änderungen der Gasrichtlinien sollten da keine Schwierigkeiten verursachen.
Im Gespräch mit dem deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier hatte der russische Energieminister Alexander Nowak am 18. Februar bestätigt, dass bereits 700 von den geplanten 1224 Kilometern Röhren für Nord Stream 2 verlegt seien. Der Betriebsstart ist für Ende 2019 geplant.
Im Gegensatz zu Deutschland, Schweden und Finnland bleibt Dänemark das einzige Land, das noch keine Genehmigung für den Bau von Nord Stream 2 in seinen Gewässern erteilt hat. Da zehn Prozent der gesamten Rohrlänge auf Dänemark entfällt, hatte die Nord Stream 2 AG früher erklärt, den Bauplan ändern und den „dänischen“ Teil am Ende der Bauarbeiten erledigen zu wollen.
sputniknews
Tags: