Wer in frühgeschichtlicher Zeit etwas auf sich hielt, war bemüht, schon zu Lebzeiten für den Tod vorzusorgen. Möglichst groß und protzig waren die Grabstätten der Reichen und Mächtigen schon vor Tausenden Jahren. Die teils riesigen Hügelgräber der Kelten zeugen heute noch genauso davon wie die beeindruckenden Pyramiden der alten Ägypter.
Doch auch in China kannte man sich mit dem Jenseitsgigantismus aus. Bestes Beispiel ist das etwa 2200 Jahre alte Mausoleum des chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi. Es gehört heute zu den wohl berühmtesten Grabstätten der Welt.
Das liegt vor allem an der legendären Terrakotta-Armee, die vor etwa 45 Jahren in der etliche Quadratkilometer großen Anlage gefunden wurde. Geschätzt zwischen 7000 und 8000 lebensgroße Krieger und mehr als 650 Pferde sollten den 210 vor Christus verstorbenen Kaiser ins Jenseits begleiten.
Die Tonkrieger, die in mehreren Kammern der Grabanlage in Zentralchina standen, gelten als Meisterleistung des Kunsthandwerks. Genau wie ein echtes Heer besteht auch dieses aus unterschiedlichen Soldaten, darunter Armbrustschützen, Fußsoldaten, Wagenlenker, Offiziere und Generäle. Die Handwerker haben den Figuren, die einst bunt bemalt waren, verschiedene Rüstungen und Uniformen verpasst, sogar die Gesichtszüge wurden individuell gestaltet.
Legendär sind aber auch die Waffen, die den Tonsoldaten in die Hände gelegt wurden. Obwohl Grabräuber im Laufe der Jahrhunderte einen Großteil stahlen, konnten Archäologen noch viele funktionsfähige Schwerter, Lanzen und Zehntausende Pfeilspitzen bergen. Die Holzteile sind mit der Zeit verrottet, so sind von den Armbrüsten nur noch etwas mehr als 200 Abzugsmechanismen übrig.
Doch lange rätselten Forscher, warum die Bronzestücke so gut erhalten sind. Die Klingen wiesen auch nach mehr als 2000 Jahren im Erdreich kaum Spuren von Korrosion auf, sie hatten sich manchmal sogar noch etwas Glanz und Schärfe bewahrt.
Durch chemische Analysen glaubten Forscher, dem Geheimnis auf die Spur gekommen zu sein. Sie entdeckten eine Substanz, die Spuren des Metalls Chrom enthielt. Die alten chinesischen Handwerker könnten sie gezielt auf die Waffen aufgetragen haben, um sie so vor dem Verfall im Grab des Herrschers zu schützen. Es könnte eines der ersten Rostschutzmittel überhaupt gewesen sein. Und ein Vorläufer der modernen Chromatierung - diese Technik wird heute als Korrosionsschutz angewendet.
Doch Forscher von der britischen University of Cambridge und dem Museum der Terrakotta-Armee in China kamen nun zu dem Ergebnis: Die Theorie vom ersten Rostschutzmittel stimmt wohl nicht. Nach ihrer Studie, die sie im Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlicht haben, stammen die Chromspuren aus einer anderen Quelle.
Das Metall findet sich demnach in einem Lack, er diente vermutlich als eine Art Grundierung, bevor die Figuren bunt bepinselt wurden. "Die Terrakotta-Krieger und die meisten organischen Materialien des Mausoleums wurden mit Schutzlacken überzogen, bevor man sie mit Pigmenten bemalte. Aber interessanterweise nicht die Bronzewaffen", sagt Marcos Martinón-Torres, der Hauptautor der Studie.
Die Forscher hatten sich für ihre Untersuchung mehr als 464 Bronzewaffen angeschaut und deren Metalloberflächen per Röntgenfluoreszenzanalyse untersucht. Mit dieser Methode, für die inzwischen leichte, tragbare Geräte verwendet werden können, lassen sich chemische Elemente nachweisen.
Nur an 37 Klingen fanden die Forscher Chromspuren. Das reiche nicht aus, um die Theorie vom genialen Rostschutz aufrecht zu erhalten, schreiben die Wissenschaftler. Zudem scheint sich das Chrom nicht positiv auf den Erhaltungszustand ausgewirkt zu haben. Denn auch einige Klingen, an denen kein Chrom nachgewiesen wurde, sind hervorragend erhalten.
Das Team vermutet, dass die Chromspuren auf den Klingen schlicht durch Kontamination entstanden sind. Das Metall stamme aus dem Lack, mit dem auch die hölzernen Griffe oder Scheiden der Schwerter bemalt waren. Chromspuren fanden sich häufiger dort, wo die Bronze mit dem Holz in Kontakt gekommen war. Aus dem Boden stamme das Chrom zumindest nicht, sind sich die Forscher sicher.
Warum aber sind die Klingen aus dem Kaisergrab so gut erhalten, wenn nicht das Chrom verantwortlich ist?
Auch dazu liefern die Forscher eine Erklärung. Demnach könnte der hohe Zinnanteil in der Bronze eine Rolle spielen. Für die Legierung benötigt man neben Zinn noch Kupfer. Studien hätten gezeigt, dass sich Bronze mit einem höheren Zinngehalt besser erhalte, da Zinn schützende Oberflächenschichten begünstige.
Eine andere Erklärung sei vermutlich das Grab selbst. Bodenproben hatten gezeigt, dass die Erde hier einen günstigen pH-Gehalt aufweise. Im Bereich der Terrakotta-Armee wurden pH-Werte zwischen 8,1 und 8,5 gemessen. Zudem hätte das dichte Sediment im Erdreich für geringe Durchlüftung gesorgt. Somit können die Waffen der Krieger ihrem Kaiser auch im Jenseits noch gute Dienste erweisen.
spiegel
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