Ex-Mitarbeiter teilt gegen Boeing aus: „Würde niemals mit so einem Flugzeug fliegen“

  22 April 2019    Gelesen: 855
  Ex-Mitarbeiter teilt gegen Boeing aus: „Würde niemals mit so einem Flugzeug fliegen“

Bei der Produktion der 787-8 „Dreamliner“ in einem Werk im US-Bundestaat South Carolina soll der US-Flugzeughersteller Boeing etliche Mängel ignoriert haben. Das kann die Flugsicherheit der Maschine gefährden, schreibt die Zeitung „The New York Times“.

Die Recherchen der Zeitung basieren nach ihren eigenen Angaben auf zahlreichen internen Dokumenten, E-Mails und Akten sowie auf Interviews mit derzeitigen und ehemaligen Mitarbeitern des Flugzeugbauers. Betroffen ist das Werk in Charleston, das 2009 eröffnet wurde und „Dreamliner“-Maschinen produziert.

Die Rede ist von Metallspänen, Werkzeug und Bauteilen, die man einfach nach Fertigstellung im Flugzeug gelassen habe – beispielweise an den Triebwerken oder nahe kritischer elektronischer Systeme, was zu katastrophalen Unfällen führen könne. Außerdem seien defekte Bauteile in Maschinen eingesetzt worden.

„Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich niemals mit so einem Flugzeug fliegen würde. Das ist einfach eine Frage der Sicherheit“, äußerte der Techniker Joseph Clayton gegenüber „The New York Times“.

Die Leitungsebene übte dem Blatt zufolge Druck auf Mitarbeiter aus, die Mängel nicht den Behörden zu melden und stattdessen auf einen schnellen Produktionsablauf zu achten. Für das Melden von Problemen bei „Dreamliner“ seien einige Angestellte gar bestraft worden.

John Barnett, der mehr als drei Jahrzehnte für Boeing in der Qualitätssicherung arbeitete, bevor er sich 2017 zur Ruhe setzte, gab an, Metallsplitter gefunden zu haben, die über den Kabeln der Flugzeugsteuerung hingen. Würden diese Kabel durch die Splitter durchtrennt, hätte dies „katastrophale“ Folgen, so Barnett. Er habe dies mehrfach seinen Vorgesetzten gemeldet. Diese hätten ihn jedoch ignoriert und an einen anderen Teil des Flugzeugs beordert.

Barnett soll darüber hinaus der Geschäftsführung das Verschwinden defekter Teile gemeldet haben. Es sei nicht ausgeschlossen gewesen, dass sie in Flugzeugen eingebaut worden seien. Der damalige Qualitätsmanager wurde angewiesen, die Suche nach den verschwundenen Teilen aufzugeben.

Ehemalige Mitarbeiter des Werks in Charleston sprachen über einen „verlorenen Kampf“ gegen Abfälle in fertigen Boeing-Maschinen. Ein Angestellter soll in Heckteilen von Flugzeugen neben dem horizontalen Stabilisator eine Leiter und eine Lichterkette entdeckt haben. Sie hätten die Getriebe des Mechanismus zum Stocken bringen können.

Barnett bezeichnete sich und seine Kollegen als „letzte Verteidigungsreihe“, bevor ein defektes Flugzeug die Werkstatt verlasse.

„Ich habe aber noch nie ein Flugzeug aus Charleston gesehen, für dessen Sicherheit ich mit meinem Namen garantieren würde“, zitiert die Zeitung den ehemaligen Boeing-Mitarbeiter.

Der Flugzeughersteller bestritt gegenüber „New York Times“ die Vorwürfe. Boeing South Carolina produziere den „höchsten Grad an Qualität unserer Geschichte“. „Ich bin stolz auf unser Bekenntnis zur Qualität und stehe hinter der Arbeit, die unsere Mitarbeiter Tag für Tag verrichten“, so der Chef von Boeings kommerzieller Flieger-Abteilung, Kevin McAllister.

Die Produktion der 787-8-Maschinen wurde laut dem Blatt beschleunigt. Die Boeing-Werke in North Charleston und Everett stellen zusammen 14 „Dreamliner“ jeden Monat her. Früher sollen es nur zwölf gewesen sein. Gleichzeitig verkündete der Flugzeugbauer, dass er etwa einhundert Arbeitsplätze in der Qualitätssicherung in North Charleston gestrichen habe.

Zuletzt stand Boeing massiv in der Kritik, weil innerhalb kurzer Zeit zwei nahezu brandneue Passagierjets des Typs Boeing 737 Max 8 unter ähnlichen Bedingungen abgestützt sind und hunderte Menschen mit in den Tod gerissen haben.

Experten schließen nicht aus, dass in beiden Fällen eine defekte Software für die Tragödie verantwortlich sein könnte. Diese könnte die Fliegernase automatisch nach unten gesenkt haben, ohne dass die Crew dem entgegenwirken konnte.

sputniknews


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