Bundesregierung sieht Lücken in Europas Terrorabwehr

  21 Januar 2016    Gelesen: 761
Bundesregierung sieht Lücken in Europas Terrorabwehr
Im Kampf gegen Anschläge wollen Sicherheitsbehörden in Europa enger zusammen arbeiten. Doch besonders beim Austausch über islamistische Gefährder gibt es Nachholbedarf.
Die Bundesregierung hat Lücken bei der Terrorabwehr in Europa festgestellt. Dies gehe aus der Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, berichtet die Zeitung Welt. Nachholbedarf gibt es demnach vor allem beim Austausch über islamistische Gefährder.

"Es gibt derzeit keine EU-einheitliche Definition des Begriffs `Gefährder`", zitiert die Zeitung aus dem Schreiben des Bundesinnenministeriums. Eine solche Definition wäre "grundsätzlich wünschenswert". Aber auch sie könnte "rechtliche Rahmenbedingungen der Mitgliedsstaaten und unterschiedliche Ansätze in der Betrachtung des Phänomens durch Polizei und Nachrichtendienste nicht überdecken", warnte die Bundesregierung laut Welt in ihrer Stellungnahme. Eine gemeinsame Benennung dürfte deshalb "nicht ohne weiteres zu erzielen sein".

Das Bundeskriminalamt zählt den Angaben zufolge derzeit 444 Gefährder, die aus der Bundesrepublik stammen. Die Zahl sei in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt: Ende 2014 seien noch 230 islamistische Gefährder registriert gewesen. Viele aus dieser Gruppe seien in den vergangenen Jahren in das Kriegsgebiet nach Syrien gereist.

Die Grünen werteten die Antworten der Bundesregierung als Alarmsignal. Sie zeigten "die großen, nach wie vor bestehenden Defizite im Informationsaustausch zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz der Welt. "Spätestens die Anschläge von Paris haben noch einmal verdeutlicht, dass die Sicherheitsbehörden jedes Nationalstaats nicht länger ihr eigenes Süppchen kochen dürfen."

Grünen-Sprecherin fordert gemeinsamen Gefährder-Begriff

Von Notz forderte die Regierung auf, sich auf europäischer Ebene für eine schnelle Beseitigung der Defizite einzusetzen. "Das nationale Horten von Informationen oder Quellen und unterschiedliche Begriffsdefinitionen sind eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit", warnte der Grünen-Politiker.

Im Gegensatz zur Bundesregierung pocht die Sprecherin für Innere Sicherheit der Grünen-Fraktion auf einen gemeinsamen Gefährder-Begriff. "Wir brauchen sehr dringend eine europaweit anerkannte Gefährder-Definition", erklärte Irene Mihalic.

"Nur so haben die Sicherheitsbehörden der europäischen Staaten die Chance, Bewegungen und logistische Netzwerkstrukturen von potentiell gewaltbereiten Islamisten wirksam zu erfassen", mahnte die Grünen-Politikerin. Die zögerliche und resignierende Haltung der Regierung angesichts der unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen sei "völlig unangebracht gerade angesichts der wichtigen Rolle, die Deutschland als Verkehrs- und Logistikdrehscheibe bei den terroristischen Planungen zu spielen scheint".

Die Pariser Anschläge vom 13. November hatten die Dringlichkeit einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden erneut deutlich gemacht. Bei den Anschlägen in der französischen Hauptstadt hatten mehrere Attentäter am 13. November eine Reihe von Bars und Restaurants, den Konzertsaal Bataclan sowie die Fußballarena Stade de France attackiert. Es gab 130 Todesopfer.

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