Mehr Gas für China: Gazprom geht nach Osten – Was soll Europa tun

  30 April 2019    Gelesen: 637
  Mehr Gas für China: Gazprom geht nach Osten – Was soll Europa tun

Wie Russlands Präsident Wladimir Putin auf der Abschlusspressekonferenz des Forums „One Belt, One Road“ sagte, hat China Russland ziemlich beharrlich darum gebeten, eine Erhöhung der Gaslieferungen durch die Pipeline „Kraft Sibiriens“ zu sondieren.

„Die Erdgasmenge, die China braucht, wächst. Zudem bitten die chinesischen Partner uns jetzt, eine mögliche Erhöhung der Lieferungen durch die Pipeline Kraft Sibiriens zu erörtern, die wir Ende des Jahres schon in Betrieb nehmen werden. Dort ermöglichen dies die technologischen Kapazitäten, und wir werden das machen“, sagte der russische Präsident.

Putin zufolge ermöglichen dies die technischen Kapazitäten sogar trotz des doppelten Anstiegs der russischen Flüssiggaslieferungen sowie trotz der Tatsache, dass der Einstieg in die globalen Flüssiggasmärkte für die russische Gasbranche momentan den Vorrang hat.

Deswegen wurde die Pressekonferenz des Gazprom-Chefs Alexej Miller, der das „russische Gaspipeline-Monopol“ verkörpert, von Journalisten mit Ungeduld erwartet. Miller berichtete über eine ziemlich radikale Wende beim Kurs der Exportpolitik des russischen Gasriesen. Ihm zufolge könnte Gazprom zum Jahr 2035 zum wichtigsten Gaslieferanten auf dem chinesischen Markt aufsteigen. „Auf der Tagesordnung steht die Besprechung von zwei weiteren Beförderungsprojekten – vom Fernen Osten und via die ‚westliche‘ Route“, teilte Miller auf der Pressekonferenz mit. Wenn sie umgesetzt werden, kann Gazprom tatsächlich der Gaslieferant Nummer eins für China werden.

Die derzeit geplante Kapazität der Pipeline „Kraft Sibiriens“ würde die Lieferung von mehr als einer Billion Kubikmeter Gas in den kommenden 30 Jahren gewährleisten. Dabei würde Gazprom wohl bei Bedarf den dringenden Bitten der Chinesen nachkommen und die Kapazitäten erhöhen. Warum eigentlich nicht? Die Ressourcenbasis der Pipeline, welche die neuen großen Gasvorräte im Osten des Landes umfasst (vor allem das unglaublich reiche Vorkommen Tschajandinskoje), würde das sicher ermöglichen.

Der chinesische Gasverbrauch wächst stetig weiter – 2017 um 15 Prozent, 2018 um 18 Prozent.

Die Menge des importierten Gases ist sogar noch mehr gestiegen – ungefähr um ein Drittel.

Im Ergebnis ist China der Spitzenreiter unter den größten Erdgasimporteuren weltweit. Die Gasnachfrage würde auch bei den aktuell  hohen Verbrauchsmengen weiter wachsen.

Miller machte insbesondere auf die Halbinsel Jamal aufmerksam: „Das ist das reichste Gasvorkommen, das die Gasverbraucher innerhalb von mehr als 100 Jahren beliefern wird“, sagte Miller. Deswegen könnte die ‚westliche‘ Gaslieferroute nach China der aussichtsreichste und bedeutendste Gastransportkorridor werden. Jamal habe alle Voraussetzungen dafür, zum Mittelpunkt der Gaslieferungen in den Westen und in den Osten zu werden. Miller hob zwar die Wichtigkeit nicht nur der östlichen, sondern auch der westlichen Richtung hervor, seine Worte wurden in Europa jedoch als Alarmsignal wahrgenommen.

Wenn Gazprom die Exportlieferungen nach China ausbauen wird, und diese Pläne angesichts der Jamal-Ressourcenbasis ziemlich konkret sind, beabsichtigt der Energieriese sicher nicht, die Exportmengen nach Europa auszubauen. Europa wird vorgeschlagen, sich mit den Mengen über die bereits gebauten bzw. in Bau befindlichen „Streams“ zu begnügen – die beiden Nord Stream-Pipelines, Turkish Stream (darunter die seit langem funktionierende Blue Stream), sowie die polnisch-weißrussische Pipeline des Projekts Jamal-Europa und das problematische ukrainische Gastransportsystem, dessen Lebenszyklus anscheinend aus von Europa und Russland unabhängigen Gründen endet.

Doch der Gasbedarf wächst weiter.

Die Diversifizierung der Gaslieferungen von den Jamal-Vorkommen, wovon ein Teil nach China gepumpt wird, macht das russische Gas zum Teil zur Mangelware.

Nein, natürlich bleibt Europa für das russische Gas weiterhin der vorrangige Markt, doch bei weitem nicht mehr der einzige. Für die europäischen Verbraucher ist der Erwerb von Pipeline-Gas aus Russland viel wichtiger als dessen Verkauf für die russischen Lieferanten. Ergo: Wenn Brüsseler Bürokraten darüber sprechen, dass das Nord Stream 2-Projekt irgendwie beschränkt werden sollte, schrillen die Alarmglocken in den Chefetagen der europäischen Energiekonzerne. Gazprom selbst muss sich dabei nicht einmal einmischen.

sputniknews


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