China macht seine Superwaffe scharf

  30 Mai 2019    Gelesen: 806
China macht seine Superwaffe scharf

Nach Donald Trumps Attacke auf Huawei sinnt die Regierung in Peking auf Rache im Handelskrieg: Unverhohlen droht sie Washington mit einem Lieferstopp für Seltene Erden. Die Rohstoff-Blockade wäre verheerend für die US-Hightech-Riesen - und ist todernst gemeint.

Unmissverständlicher konnte die Warnung nicht sein: "Seit das US-Wirtschaftsministerium Huawei auf die schwarze Liste gesetzt hat, kam schnell die Vermutung auf, dass China den Export von Seltenen Erden in die USA begrenzen oder sogar stoppen könnte", schreibt die "Global Times" aus Peking. "Beobachter gehen davon aus, dass falls die USA zunehmend Chinas Entwicklung unterdrücken, das Land früher oder später Seltene Erden als Waffe verwenden wird."

Für gewöhnlich sind die Kommentare im internationalen Sprachrohr der Kommunistischen Partei durchsetzt mit subtilen Andeutungen, aus denen man Pekings offizielle Linie herauslesen muss. Diesmal bemüht sich das Politbüro jedoch nicht einmal, seine Drohung in schöne Worte zu kleiden: Unverhohlen kündigt es Washington eine Rohstoff-Blockade an, die den gesamten US-Hochtechnologiesektor im Silicon Valley lahmlegen könnte.

Das Editorial, das am Dienstagabend in der "Global Times" erschienen ist, lässt weltweit die Börsen beben: "Ein Export-Bann für Seltene Erden ist eine mächtige Waffe, falls sie im Handelskrieg zwischen den USA und China zum Einsatz kommt. Es besteht die aufrichtige Hoffnung, dass die USA in Handelsfragen zurückhaltend bleiben", warnen Pekings Propagandisten. "Ansonsten werden sie sehen, dass China noch eine Menge Gegenmaßnahmen in petto hat sowie die Entschlossenheit und den Willen, bis zum Ende zu kämpfen."

Pearl-Harbor-Moment im Handelskrieg?

Das kalkulierte Säbelrasseln ist eine gefährliche Eskalation im Zollstreit zwischen den USA und China. Die 17 magischen Elemente wie Scandium, Lanthan und Neodym sind unersetzlich bei der Herstellung von Handys, Elektromotoren, Batterien, Magneten, Flugzeugturbinen, Satelliten, Raketen und Laser-Equipment - und damit für den US-High-Tech-Sektor unverzichtbar.

Vorkommen gibt es zwar auch in Kanada, Australien, Indien Brasilien und sogar Deutschland. Weltweit hat China inzwischen aber faktisch ein Monopol auf die Förderung. Und so wie die USA ihre Marktmacht nutzen, um Huawei auszubooten, will Peking zur Vergeltung nun offenbar die USA von der Versorgung mit den seltenen Metallen abschneiden.

Die Eskalation kommt mit Ansage. Bereits letzte Woche stapfte Chinas Präsident Xi Jinping demonstrativ durch eine Fabrik im südostchinesischen Jiangxi, in der aus seltenen Erden Magnete gebaut werden. An seiner Seite: Vizepremier Liu He, der die Handelsgespräche mit den USA führt. Aus der Symbolik konnte man die Drohung bereits herauslesen, die China nun offen ausgesprochen hat: Die Volksrepublik macht im Kalten Krieg zwischen Washington und Peking ihre Superwaffe scharf.

Es ist ein böses Omen. Denn Rohstoff-Embargos kennt man eigentlich nur aus heißen Kriegen: Im 19. Jahrhundert schnitt Napoleon Großbritannien mit seiner Kontinentalsperre fast ein Jahrzehnt lang vom Handel ab. Im Ersten Weltkrieg torpedierten deutsche U-Boote US-Konvois im Atlantik, um die Insel auszuhungern. Und im Sommer 1941 drehten die USA Japan den Ölhahn zu. Kein halbes Jahr später attackierte die kaiserliche Marine Pearl Harbor.

Die USA sind China ausgeliefert - vorerst

Auch China hat den Ernstfall im Wirtschaftskrieg schon geprobt. 2010 kappte Peking für wenige Tage den Export Seltener Erden nach Japan, nachdem die japanische Küstenwache den Kapitän eines chinesischen Fischerboots festgenommen hatte, der in zwischen beiden Ländern umstrittene Gewässer eingedrungen war. Der Zwischenfall wuchs sich schnell zur diplomatischen Krise aus. Am Ende musste Tokio klein beigeben und den Kapitän freilassen.

Auch die USA dürften bei einem Embargo schnell unter Druck geraten. Zwar sind die Seltenen Erden eigentlich gar nicht so selten: In der Erdkruste kommen sie sogar relativ häufig vor. Zusammenhängende Lagerstätten, die sich wirtschaftlich profitabel ausbeuten lassen, sind allerdings viel seltener als bei den meisten anderen Erzen. Zudem ist die Produktion äußerst schmutzig: Nach der Förderung müssen die Elemente durch Säurebäder und Bestrahlung chemisch voneinander getrennt werden.

Bis in die 90er Jahre waren die USA selbst der weltweit größte Produzent der seltenen Metalle: Der Großteil der weltweiten Förderung kam aus der Mountain-Pass-Mine in Kalifornien. China hatte kaum eine nennenswerte Produktion. Wegen niedrigerer Löhne - und laxerer Umweltauflagen - hat sich die Produktion in den vergangenen 30 Jahren dann immer mehr ins Reich der Mitte verlagert. Selbst die Seltenen Erden, die heute noch in der einzigen US-Mine gefördert werden, werden zur Veredelung nach China verschifft.

Der US-Chemiekonzern Blue Line und die australische Minengesellschaft Lynas planen angesichts des Handelskriegs eine neue Produktionsanlage in Texas. Bei einer Dauer-Blockade durch China könnten die USA ihre eigene Produktion langfristig also wahrscheinlich wieder hochfahren. Kurzfristig dürfte sich an Washingtons Verwundbarkeit in Sachen Seltene Erden aber nicht viel ändern.

Auch die "Global Times" weist mit Schadenfreude darauf hin: "Trotz der Existenz von Seltene-Erden-Minen in den USA wird es Jahre dauern, eine relativ verlässliche industrielle Kette aufzubauen." Zudem reichten die derzeitigen Vorräte in den USA "nur für Monate". Das Politbüro appelliert eindringlich an Washington: "China will den Handelskrieg nicht eskalieren. Zweifellos sind die USA zu mächtig, um mit einer einzigen Maßnahme besiegt zu werden. Dasselbe trifft auf China zu."

Quelle: n-tv.de


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