Wie Kinder unter Lernstörungen leiden

  25 Januar 2016    Gelesen: 822
Wie Kinder unter Lernstörungen leiden
Laut Schätzungen sind gut fünf Prozent aller Schüler von Legasthenie betroffen, etwa ein Prozent von der Rechenschwäche Dyskalkulie. Eine neue Studie befasst sich damit, inwiefern von einer Lernstörung betroffene Kinder unter weiteren Belastungen wie Mobbing leiden. Ein Experte sagt: "Bisher geht man in Diagnostik und Therapie zu wenig auf die emotionale Situation von Kindern mit Lernstörungen ein."
Das Gefühl des Versagens, Abschotten, Selbstzweifel, extreme Schüchternheit oder auch Hyperaktivität, die Angst vor der Schule bis hin zum dauerhaften Schwänzen; aber auch Kopfschmerzen, Bauchweh oder Einnässen ohne körperliche Ursache. Es ist eine Liste an Symptomen und Erscheinungen, unter denen Kinder mit Lernstörungen leiden können.

Dass eine Rechtschreib- oder eine Rechenschwäche (Legasthenie oder Dyskalkulie) mit psychosozialen Belastungen einhergeht, ist wissenschaftlich belegt. Nun hat eine Analyse der Duden-Institute für Lerntherapie konkrete Erfahrungen aus der Beratungsarbeit ausgewertet und unter diesem praxisorientierten Ansatz Daten vorgelegt. Ergebnis: Fast 70 Prozent der betroffenen Schüler berichteten von mindestens einer Form der Belastung, auch mehrere Auffälligkeiten sind üblich. Bei jedem Fünften treten körperliche Symptome auf.

Diese Prozentsätze, schreiben die Autoren, seien "nicht nur für sich genommen erschreckend hoch", sondern auch höher als in bisherigen Studien mit anderen Stichproben. Ausgewertet wurden Unterlagen zu 201 Diagnosegesprächen mit Schülern der Klassen eins bis zwölf. Die noch unveröffentlichte Studie liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Duden-Institute sind einer der bekanntesten Anbieter auf einem breiten Therapiemarkt für Lernstörungen, die Kosten für solche Stunden werden unter Umständen von Jugendämtern getragen.

Jugendliche sind stärker belastet als jüngere Kinder

Gut fünf Prozent aller Schüler sind von Legasthenie betroffen, so die Schätzungen, und etwa ein Prozent von Dyskalkulie. Manche Forscher taxieren aber den Anteil der von Rechenschwäche Betroffenen höher. Und der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie geht davon aus, dass bis zu acht Prozent der Schüler eine isolierte Lesestörung haben, ohne dass dies Rechtschreibung gravierend beeinflusst.

Laut Diagnose-Auswertung der Duden-Therapeuten zeigt sich, dass Kinder mit Rechenschwäche noch häufiger von weiteren Symptomen betroffen sind als Legastheniker. Als möglichen Grund nennen die Experten, dass der Nachteilsausgleich beim Rechnen in den meisten Bundesländern restriktiver ist als im Fall des Schreibens. Legastheniker können im Fall von Diagnosen beispielsweise eine längere Arbeitszeit bei Prüfungen beantragen. "Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre eine Angleichung schulrechtlicher Regelungen dringend zu empfehlen, um rechenschwache Kinder zu entlasten", heißt es. Weiterer Erklärungsansatz könne sein, dass schlechte Leistungen in Mathe vom Umfeld eher als intellektuelle Einschränkungen abgetan werden als Defizite beim Lesen und Schreiben - weil Legasthenie öffentlich ein deutlich bekannteres Phänomen sei als Dyskalkulie.

Ohnehin das Umfeld, es hat Wirkung: Jugendliche sind insgesamt viel stärker belastet als jüngere Kinder. Vor allem der Rückzug aus der Gemeinschaft und Angst vor der Schule bis hin zu Depressionen nimmt bei Schülern der Mittel- und Oberstufe offenbar zu. Und während bei Mädchen öfter die soziale Abschottung sowie körperliche Beschwerden beobachtet wurden, schlägt bei Jungen die Belastung auch nach außen um - in ADHS, das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom.

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