Johnson will nachverhandeln - und den Backstop aushebeln

  20 Auqust 2019    Gelesen: 519
Johnson will nachverhandeln - und den Backstop aushebeln

Boris Johnson besucht Berlin und Paris - und will offenbar Verhandlungsbereitschaft suggerieren. In einem Schreiben an den EU-Ratspräsidenten schlägt er eine Übergangslösung beim Backstop vor. Darauf kann die EU kaum eingehen.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat in einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk abermals Änderungen am EU-Austrittsabkommen verlangt. Ziel müsse es sein, die umstrittene Backstop-Regelung aus der Vereinbarung zu streichen, führte Johnson in dem vierseitigen Schreiben aus, das am Montagabend veröffentlicht wurde.

Die Änderungen sollen nach Johnsons Darstellung einen ungeregelten Brexit Ende Oktober verhindern. "Ich hoffe sehr, dass wir mit einem Deal ausscheiden werden", schrieb der Regierungschef.

Allzu großen Zuspruch kann Johnson mit seinem Vorstoß in Brüssel nicht erwarten. Schließlich hat die EU erneute Gespräche über den Vertrag immer wieder ausgeschlossen. Sie besteht auf dem sogenannten Backstop, um auszuschließen, dass nach dem Brexit Warenkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland eingeführt werden müssen.

Die neue Forderung aus London kann das Bündnis also kaum erfüllen. Der britische "Guardian" legt wohl auch deshalb nahe, dass Johnsons Schreiben eher den Anschein von Verhandlungsbereitschaft vermitteln soll - und weniger einen erfolgversprechenden Ausweg aus den festgefahrenen Verhandlungen.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen überflüssig macht. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei fürchten, dass Großbritannien durch den Backstop dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben könnte. Eine eigenständige Handelspolitik wäre so unmöglich.

Johnson schlägt nun zum wiederholten Mal vor, den Backstop zu streichen. Stattdessen sollen sich beide Seiten rechtlich verpflichten, keine Grenzkontrollen zwischen den beiden Teilen Irlands einzuführen. Bis zum Ende einer Übergangsperiode sollen dann "alternative Vereinbarungen" getroffen werden, die den Backstop überflüssig machen und Teil eines künftigen Handelsabkommens wären.

Besuche in Deutschland und Frankreich stehen für Johnson an

Für den Fall, dass dies nicht rechtzeitig gelingt, wäre Johnson bereit, "konstruktiv und flexibel zu schauen, welche Verpflichtungen helfen könnten". Was er damit meint, blieb offen.

Allerdings hat die EU das britische Ansinnen von Nachverhandlungen des im Mai beschlossenen Brexit-Abkommens wiederholt zurückgewiesen. Das unter Johnsons Vorgängerin Theresa May ausgehandelte Abkommen war im britischen Parlament drei Mal gescheitert. Johnson hat versprochen, sein Land zum 31. Oktober aus der EU zu führen - mit oder ohne Abkommen mit der Europäischen Union. Die Folgen eines harten Brexits umreißt ein Regierungspapier, das nun an die Öffentlichkeit geraten ist. 

spiegel


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