Weniger Asylgegner in Deutschland

  29 Auqust 2019    Gelesen: 582
Weniger Asylgegner in Deutschland

Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsstroms wollte eine Mehrheit der Deutschen die Grenzen am liebsten dicht machen, wie eine Bertelsmann-Studie zeigte. Diese Mehrheit gibt es nicht mehr. Die Skepsis gegenüber Einwanderung bleibt in Deutschland aber bestehen.

Die Ablehnung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen geht zurück. Dass Deutschland seine Belastungsgrenze erreicht habe und keine Flüchtlinge mehr aufnehmen solle, denkt heute noch knapp die Hälfte der Bevölkerung. Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsstroms vor zwei Jahren waren es noch 54 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Bertelsmann-Studie zur Willkommenskultur, für die über 2000 Deutsche befragt wurden.

Viele Bundesbürger hatten zwischen 2015 und 2017 die Befürchtung, die Organisation des Zustroms sei nicht zu bewältigen. Kommunen fühlten sich kaum unterstützt und nicht in der Lage, die Aufnahme der Flüchtlinge gut zu gestalten. Demgegenüber steigt heute die Zahl der Städte und Gemeinden, die von sich aus ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen erklären-  beispielsweise als eine von 86 deutschen Kommunen in der Initiative "Seebrücke".

Obwohl also die Ablehnung weiterer Flüchtlinge zurückgeht, hat der Stresstest zwischen September 2015 und Januar 2017 deutliche Spuren hinterlassen. Die Deutschen sind weniger aufnahmebereit als vor dem Flüchtlingsstrom jener zwei Jahre. Denn bevor Asylsuchende in großer Zahl nach Deutschland kamen, war die Mehrheit aller Bundesbürger dafür, mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen. Während der Turbulenzen der Fluchtzuwanderung sank diese Zustimmung gewaltig. Nur noch ein gutes Drittel wollte weiter Flüchtlinge aufnehmen. Und auch heute, zwei Jahre danach, sind es noch immer nur 37 Prozent, die aktiv mehr Flüchtlinge aufnehmen wollen.

Schon seit Jahren sind die Deutschen allerdings in großer Mehrheit dafür, dass Flüchtlinge in Deutschland arbeiten dürfen. Hier hat die Bevölkerung womöglich aus den 90er-Jahren eine Konsequenz gezogen, als es in der ersten Fluchtkrise Asylbewerbern verboten war, zu arbeiten. Nur wenige Befragte sehen Deutschland nicht in der Pflicht, die Asylsuchenden ins Land zu integrieren. So hatte die Bundesregierung den Rückhalt der Bevölkerung, als sie in der zweiten Fluchtkrise die Hürden für die Arbeitsaufnahme von Asylbewerbern deutlich senkte.

Die Willkommenskultur empfinden Westdeutsche und Ostdeutsche noch immer extrem unterschiedlich, auch wenn sich die Werte aufeinander zubewegen. Im Westen sind sich 59 Prozent der Menschen sicher, dass Flüchtlinge bei ihnen willkommen seien. Vor zwei Jahren waren es fast zwei Drittel, im Osten war es damals nur ein Drittel. Die Zahl aus den neuen Ländern ist nun deutlich gestiegen: 42 Prozent der Befragten meinen heute, Flüchtlinge würden bei ihnen willkommen geheißen.

Den noch immer starken Unterschied zwischen Ost und West führen die Autoren der Umfrage darauf zurück, dass im Osten weniger Menschen direkten Kontakt zu Flüchtlingen und Einwanderern haben. Dieser "kann Vorbehalte abbauen", sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Internationale Umfragen stützen diese Sicht. Sie belegen, dass Menschen, die Einwanderer persönlich kennen, Migration und Vielfalt leichter akzeptieren.

Dazu passt auch, dass es in Deutschland vor allem die junge Generation ist, die eine positive Sicht auf Einwanderung hat. Denn ein knappes Drittel der Deutschen unter 30 sind selbst eingewandert oder Kinder von Migranten. Zwei Drittel dieser Generation finden, dass Flüchtlinge in Deutschland willkommen sind, Einwanderung allgemein sehen sie sogar zu 80 Prozent positiv. In den Augen der Deutschen unter 30 machen Einwanderer das Leben bunter und vielfältiger. "Deutschland ist ein junges Einwanderungsland mit einer jungen Willkommenskultur", sagt Dräger.

Der Blick der gesamten deutschen Bevölkerung auf Einwanderung ist hingegen skeptisch. Mehr als die Hälfte sind der Meinung, es gebe zu viel Einwanderung. Viele Deutsche erwarten, das Sozialsystem werde dadurch zu stark belastet und befürchten Konflikte zwischen Einheimischen und Eingewanderten, da letztere die hiesigen Wertvorstellungen nicht ausreichend übernähmen.

Zwar erkennen mehr Menschen als 2017 in der Einwanderung eine Strategie gegen den Fachkräftemangel in Deutschland, aber sie sind noch immer in der Minderheit. Die Bertelsmann Stiftung plädiert für eine bessere Steuerung und lobt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz als richtigen Schritt. Das Gesetz erleichtert qualifizierten Einwanderern im akademischen und beruflichen Bereich den Zuzug nach Deutschland. Ein besseres Management wünscht sich Dräger auch für die Flüchlingsaufnahme, wie zum Beispiel sichere, geplante Fluchtwege für besonders Schutzbedürftige.


Quelle: n-tv.de


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