Batteriezellen sollen VW für Zukunft wappnen

  23 September 2019    Gelesen: 722
Batteriezellen sollen VW für Zukunft wappnen

Bei der Elektromobilität hadern manche Autokonzerne noch damit, ob sie dafür alles selbst herstellen sollen. Die eigene Produktion von Batteriezellen garantiert ihnen zwar Unabhängigkeit, kostet aber Milliarden. Volkswagen startet nun eine Pilotfertigung - und macht es damit anders als die Konkurrenz.

Alle reden von der Elektromobilität, beschwören ihren Durchbruch, verweisen auf ihre Bedeutung angesichts der Klimaziele. Doch was hilft das, wenn Kunden zu wenig E-Autos bestellen und Hersteller verwundbar sind, weil sie Batteriezellen zukaufen müssen? Der VW-Konzern hat lange überlegt. Manche Kritiker meinen: zu lange. Nun aber hat das Unternehmen in Salzgitter - bisher Sitz des Werks für Verbrennungsmotoren - eine Pilotfertigung für Zellen hochgezogen.


Welche Pläne verfolgt VW in Salzgitter genau?

Die Pilotlinie soll den Weg für eine mögliche Eigenproduktion von Batteriezellen im großen Stil ebnen. Volkswagen will zunächst weitere Erfahrungen auf dem relativ neuen Feld sammeln - das Thema hat für den Leiter Batterie- und Energiesysteme, Frank Blome, hohe Priorität. Ein "Center of Excellence" soll die interne Forschung vorantreiben. Der nächste Schritt ist für das kommende Jahr geplant. Dann will VW mit dem schwedischen Partner Northvolt in Salzgitter eine Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien bauen. Vom Jahreswechsel 2023/2024 an soll produziert werden. Die Deutschen und die Schweden halten jeweils die Hälfte der Anteile, Volkswagen investiert rund 900 Millionen Euro.

Wie passt das in die bisherige Elektrostrategie des Konzerns?


Eigene Batteriezellen hätten für den größten Autokonzern der Welt eine enorme Bedeutung. Töchter wie Audi, Skoda, Seat oder Porsche könnten von der Kernmarke mit beliefert werden, wie das heute schon bei Motoren, Getrieben, Lenkungen und weiteren Komponenten geschieht. Das hätte Kostenvorteile für die ganze Gruppe. Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte eine eigene Zellproduktion schon früher befürwortet - "entgegen der Haltung des Vorstands", der lange die Autozulieferer stärker in der Pflicht sah. Osterloh verlangte auch eine politische Diskussion darüber, "wie wir Rahmenbedingungen schaffen können, die eine Produktion am Standort Deutschland wirtschaftlich machen". Volkswagen könnte selbstgefertigte Zellen zudem in der ID-Serie unterbringen. In die neue Elektroauto-Familie steckt der Konzern Milliarden, das gesamte Werk Zwickau wurde dafür umgebaut.

Warum ist das Thema für die gesamte Autobranche so wichtig?

Ziel sind eine größere Selbständigkeit und weniger Einfluss für marktbeherrschende Zulieferer wie Samsung und LG (Südkorea) oder CATL (China). VW-Konzernchef Herbert Diess hatte dem "Handelsblatt" gesagt: "Ich finde es erschreckend, dass wir in diese Abhängigkeit geraten sind." Vor allem CATL versuchte zuletzt, in Deutschland stärker Fuß zu fassen, in Thüringen entsteht ein riesiges Zellwerk. Je entschlossener der Umstieg auf die E-Mobilität angegangen wird, desto sicherer dürften langfristig auch die Jobs in den Fabriken sein. Zwar wird das geringere Arbeitsvolumen für Elektromotoren im Vergleich zu Verbrennern dazu führen, dass Stellen in traditionellen Bereichen wegfallen. Aber bei entsprechender Weiterbildung könnten viele Beschäftigte, so hofft die IG Metall, mit in die neue Welt wechseln. Ein "Zukunftspakt", der bei VW neben Einsparungen auch die Schaffung solcher neuer Jobs vorsieht, war anfangs heftig umstritten.

Wie ist die Lage beim heimischen Konkurrenten Daimler?


Der Stuttgarter Autobauer hatte seinen Ausflug in die Zellproduktion im sächsischen Kamenz schon Ende 2015 eingestellt. Sie war zu teuer und nicht konkurrenzfähig mit den Billigzellen aus Asien. Im vorigen Jahr schloss Daimler Lieferverträge im Wert von 20 Milliarden Euro. Der Autobauer gibt vor, was die Zellen können sollen, und baut sie dann in seine Batterien ein. Zur Automesse IAA gab Daimler eine Kooperation mit dem chinesischen Hersteller Farasis Energy bekannt. CATL wiederum liefert Zellen für die schweren Lastwagen, die von 2021 an in Serie mit Elektromotor gefertigt werden sollen. Die Batterien baut Daimler aber selbst. Weltweit steckt der Konzern mehr als eine Milliarde Euro in ein Netz aus mehreren Batteriefabriken für Pkw.

Und wie ist der Stand bei BMW?

Die Münchner bauen die Batterien für ihre Hybrid- und E-Autos selbst, etwa im Werk Dingolfing. Die Zellen werden extern eingekauft. Das dürfte bis auf Weiteres auch so bleiben. "Es gibt keine Pläne, selbst in die Produktion einzusteigen", sagte ein Sprecher. Eine Forschung zu Batteriezellen und Elektrochemie hat jedoch auch BMW aufgebaut, um mit Lieferanten auf Augenhöhe verhandeln zu können. Für das Werk von CATL vergaben die Bayern als erster Kunde einen Milliardenauftrag.

Was macht die Politik?


Diess hatte gemahnt, die europäischen Autohersteller müssten sich endlich zu einer eigenen Fertigung durchringen. In der Politik laufen mehrere Initiativen, die dies unterstützen. Kürzlich beschlossen neun Staaten das Programm für einen zweiten europäischen Batterieverbund. Nach Angaben von CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gelang es, zwei Großprojekte zur Batteriezellfertigung aufs Gleis zu setzen. Sein Ressort fördert den Aufbau einer Zellfertigung mit einer Milliarde Euro, um Wertschöpfung und Jobs zu erhalten und aufzubauen. In einem ersten deutsch-französischen Konsortium sind Opel, dessen Mutter PSA und der französische Batteriehersteller Saft vertreten.


Quelle: n-tv.de


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