Annegret Kramp-Karrenbauer will den Verbündeten in der Nato vorschlagen, im umkämpften Norden Syriens einen internationalen Stabilisierungseinsatz zu starten. Eine Lösung des Konflikts "liegt in der Schaffung einer international kontrollierten Sicherheitszone unter Einbeziehung der Türkei und Russlands, mit dem Ziel, die Lage dort zu deeskalieren", sagte die CDU-Chefin der Deutschen Presse-Agentur. Ziel müsse es sein, den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) fortzusetzen und mit einem Wiederaufbau zerstörter Regionen die Voraussetzung für eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen zu schaffen.
Doch beim Koalitionspartner stößt der Vorstoß von Kramp-Karrenbauer nicht auf Begeisterung. Aus dem von SPD-Politiker Heiko Maas geführten Auswärtigen Amt hieß es, es bestehe Diskussionsbedarf zu den Vorschlägen der Verteidigungsministerin. Aus der Opposition kam ebenfalls Kritik, aber auch Zustimmung für den Vorschlag der CDU-Chefin.
"Bereits vor ein paar Tagen hat die FDP in Syrien eine Blauhelmmission gefordert", sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der dpa. Unionspolitiker hätten dies zunächst noch belächelt. "Deutschland ist angesichts der türkischen Invasion viel zu lange sprachlos geblieben", kritisierte sie. Die FDP fordere ein Ende der Kampfhandlungen, einen Vertrag für eine internationale Sicherheitszone zwischen allen beteiligten Konfliktparteien und eine Uno-Resolution. "Deutschland muss dann auch bereit sein, mit der Bundeswehr diese Mission aktiv zu unterstützen", sagte Strack-Zimmermann.
Kritik kam auch von den Grünen. "Die Angst vor Flüchtlingen hat Teilen der CDU wohl die Sicht auf die Realität vernebelt", sagte Außenpolitiker Omid Nouripour. Kramp-Karrenbauer widerspreche damit auch dem Außenminister. "So desavouiert sie mit unabgesprochenen Ansagen nicht nur die Verlässlichkeit Deutschlands in unseren Bündnissen. Sie verfestigt auch den Eindruck, (der türkische Präsident Recep Tayyip) Erdogan könne uns mit Flüchtlingen erpressen."
Kramp-Karrenbauer erläuterte, die Lösung mit einer Sicherheitszone müsse deutlich machen, dass die Türkei die Zone in Nordsyrien nicht dauerhaft besetze, was völkerrechtswidrig sei. Zudem müsse man der bestehenden Uno-Resolution zu Syrien gerecht werden und das Land als gemeinsames Gebiet erhalten. Es solle keine autonomen anderen Gebiete in Syrien geben.
Sie werde ihren Vorstoß am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel am Donnerstag und Freitag mit Amtskollegen besprechen. Eine mögliche Entscheidung des Bundestages über eine deutsche Beteiligung werde das Verteidigungsministerium dann mit der Bundeswehr auch umsetzen, sagte Kramp-Karrenbauer in dem Interview anlässlich ihrer ersten 100 Tage im Amt. Heute schon sei man im Einsatz gegen den IS aktiv in der Ausbildung von Sicherheitskräften im Irak und in der Luftraumüberwachung. "Wenn die Frage ist, wie wir den Kampf gegen den IS auch weiter fortsetzen, wird das Gegenstand solcher Beratungen sein", sagte sie.
Die Türkei hatte am 9. Oktober im Norden Syriens eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG gestartet, die von ihr als Terrororganisation angesehen wird. Ankara begründet den Einmarsch mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Die Bundesregierung hält die Militäroperation für völkerrechtswidrig. Von Sanktionen hat sie bis auf eine Einschränkung der Rüstungsexporte an die Türkei bisher abgesehen. Die Offensive droht aber auch Erfolge gegen den IS zunichte zu machen.
Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, sagte im ZDF-"Heute-Journal": "Wir begrüßen den Vorschlag unserer Bundesverteidigungsministerin. Es wurde allerhöchste Zeit, dass Deutschland reagiert und Europa reagiert."
spiegel
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